Wir müssen über Gott reden

Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben? So lautet die erste Frage des Heidelberger Katechismus. Generationen von Konfirmandinnen und Konfirmanden haben diese Frage und vor allem die dazugehörige Antwort aus dem Katechismus auswendig gelernt. In Fragen und Antworten entfaltet der Katechismus seit dem 16. Jahrhundert die wesentlichen Inhalte des Glaubens in einer Sprache, die damals (im 16. Jahrhundert) sehr modern und verständlich war – heute würden wir sagen: niedrigschwellig.

Fünfhundert Jahre später klappt das mit dem Niedrigschwelligen nicht mehr. Martin Luthers Katechismus und eben der Heidelberger Katechismus haben ihre Kraft und Klarheit verloren – einfach dadurch, dass die Zeit über sie hinweggegangen ist und unsere Sprache sich vollkommen verändert hat. Die Erklärungen, die damals so verständlich waren – die brauchen heute selbst lange Erklärungen. Weiterlesen

Hoffnung, die im Kleinen wurzelt

Der Herr ist den Lebenden und den Toten gnädig. (Ruth 2,20)

Gelegentlich finden sich in biblischen Erzählungen (nach meinem Eindruck besonders im „Alten“ Testament) programmatische Sätze, die weit über ihren eigentlichen Zusammenhang hinausreichen. Auf solch einen Satz bin ich in Zeiten der Online-Gottesdienste gestoßen. Vielleicht wäre ich sonst achtlos daran vorübergegangen. Da sagt Noomi, eine in die Heimat zurückgekehrte leidgeprüfte Flüchtlingsfrau, zu ihrer Schwiegertochter: „Der Herr ist den Lebenden und den Toten gnädig“ (Ruth 2,20). Weiterlesen

In Seiner guten Hand

In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. (Johannes 16,33)

Ich werde sterben. Nicht sofort, nicht heute. Und trotz der Bedrohung durch das Corona-Virus und der Tatsache, dass ich als Mann über sechzig, mit Schlafapnoe, dabei auch zur Risikogruppe zähle, lebe ich sehr wahrscheinlich noch, wenn Sie diese Zeilen lesen. Trotzdem habe ich Angst.

„In der Welt habt ihr Angst“, sagt Jesus. Ich werde sterben. Unser Leben ist  – auch ohne das Virus – tagtäglich gefährdet. Mir ist das durch die schwere Krebserkrankung meiner Mutter, die daran nach wenigen Monaten mit nur zweiundfünfzig Jahren verstarb, schon früh bewusst geworden. Und ich erlebe es ja oft in meinem Beruf als Pfarrer, wenn ich Menschen begleite, die sich von einem Angehörigen verabschieden müssen. Weiterlesen

Orte voller Leben, Erinnerungen und Ruhe

Moos, der ganze Boden bedeckt. Ein grüner weicher Teppich. Meine Schritte federn. Ich wende meinen Blick vom Grün ins Blau, vom Boden in den Himmel. Weiße Wölkchen ziehen über den hellblauen Himmel. Die Vögel zwitschern, die Eichhörnchen huschen durch diese halb künstliche, halb wilde Natur. Es summt bei den Blüten und raschelt im alten Laub. Die uralte Buche trägt stolz ihre hellgrüne Krone. Unter meinen Sohlen knirschen die Bucheckern vom letzten Herbst.

Hier ist gut sein. Auf einer Bank in der Sonne oder voller Staunen unter dem riesigen Buchenschirm, wenn die Regentropfen prasseln. Hier ist es ruhig, aber gleichzeitig voller Leben von Tieren und Pflanzen. Hier ist ein Platz, den ich mag. Hier liegen die Toten. Weiterlesen

Kaum zu glauben!

Zuletzt, als die Elf zu Tisch saßen, offenbarte er sich ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, dass sie nicht geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen. Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. (Markus 16,14-15)

Glauben Sie eigentlich alles, was Ihnen so erzählt wird? Oder was Sie lesen oder hören? Oder denken Sie: Heute kann man ja nichts mehr glauben. Da sind so viele falsche Nachrichten im Umlauf. Worauf soll man denn da vertrauen? Besser ist es wohl, nicht zu viel zu glauben.

Offensichtlich war es zu Jesu Zeiten aber auch nicht anders. Da kommen die Frauen morgens von ihrem Gang auf den Friedhof zurück und erzählen, dass sie Jesus gesehen haben. „Er lebt“, sagen sie, obwohl sie doch dabei gewesen waren, als er wenige Tage vorher gestorben war. Und dann kamen noch welche von außerhalb in die Stadt und auch die sagten, sie hätten Jesus gesehen. Doch die  engsten Freunde von Jesus glaubten das alles nicht. Vielleicht haben sie das so ausgedrückt: „Wir glauben doch nicht alles, was da erzählt wird. Nein, so leicht fallen wir auf falsche Nachrichten nicht rein.“ Weiterlesen

War Jesus liberal?

Ein sehr bekannter Theologe und Kirchenmann des 20. Jahrhunderts, Ernst Käsemann, hat diese Frage Ende der Sechzigerjahre so gestellt und beantwortet: „Der Ruf der Freiheit“, erschienen bei Mohr-Siebeck, Tübingen 1968, Seite 19ff. Ich stelle sie uns heute auch und suche sie auf meine Weise zu beantworten.

Jesus zeigt in vielen Worten und Handlungen, wie Er seinen Ruf der Freiheit in die Tat umsetzt. Ich nenne als erstes Beispiel sicher das berühmteste: das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (vgl. Lukas 10,25-37; Markus 12,28-34; Matthäus 22,35-40). Die jüdischen Tempel-Bediensteten, Priester und Levit, lassen den unter die Räuber Gefallenen unbeachtet liegen und ziehen weiter ihres Weges von Jericho hinauf gen Jerusalem. Wer kümmert sich um ihn und versorgt ihn? Ein Samariter! Das ist die Spitze des Gleichnisses. Weiterlesen

Wer die Weisheit sucht, findet das Leben – und Gott

Wer mich findet, der findet das Leben und erlangt Wohlgefallen vom HERRN. Wer aber mich verfehlt, zerstört sein Leben; alle, die mich hassen, lieben den Tod. (Sprüche, 35-36)

Wenn in meiner Familie jemandem der Satz um die Ohren gehauen wurde: Du hast wohl die Weisheit mit Löffeln gefressen, dann war das beileibe keine Auszeichnung, sondern ein Höchstmaß an Kritik. Du hast doch gar keine Ahnung! Was mischst du dich in Angelegenheiten, die dich nichts angehen?! Glaubst du, du bist schlauer als ich?! Besserwisser, Alleskönner, Möchtegern, wie auch immer, die Weisheit mit Löffeln zu futtern, in diese Verlegenheit wollte man nicht kommen, stritt alles ab oder war bemüht, diesen Eindruck erst gar nicht aufkommen zu lassen.

Dabei – wenn ich es recht überlege, schaden würde es ja nicht, wenn das möglich wäre. Wie gern würde ich selbst manchmal Weisheit futtern, immer im rechten Moment das Richtige sagen, hilfsbereit zur Seite stehen, Ratschläge erteilen, die tragen und weiterhelfen, wissen, wie man unsere Welt retten kann, Konflikte lösen und vor allem vermeiden, das eigene Leben so richtig im Griff haben, wissen, wo es lang geht. Ach, wie schön wäre das! Weiterlesen

Sehnsuchtsorte

Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. (Offenbarung 21,2)

Wenn nach diesem großen Sommer jetzt bald die dunklen Tage des Novembers kommen, denken wir darüber nach, wie wir wieder Sonne tanken können, wohin uns der nächste Urlaub führt, wie wir der Dunkelheit entkommen. Und die Sehnsucht wächst. Mancher denkt im November auch zurück an die traurigen Zeiten des Jahres, an einen Todesfall in der Familie, an den Verstorbenen; geht ans Grab oder zum Trauergottesdienst am Ewigkeitssonntag und fragt sich, wie es jetzt weitergeht. Die Sehnsucht nach Leben wächst neu. Weiterlesen

Lebensregeln

Lasst uns nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden … Wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist… und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen… Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. (Galater 5,25-26; 6,1-2; 6.7)

Na, ich weiß nicht, wie ist es Ihnen ergeht, wenn Sie diese Lebensregeln lesen, die der Apostel Paulus in seinem Brief an die Galater aufstellt: Ob Sie innerlich nicken, das eine oder andere wohlwollend zur Kenntnis nehmen, oder ob sie verständnislos den Kopf schütteln und denken: Mensch, das kann doch keiner schaffen. Klingt zwar schön, aber ist doch meilenweit von uns und unserer Welt entfernt.

Ich selbst war verunsichert, als ich das gelesen habe. Lediglich meinen eigenen Trauspruch habe ich sofort freudig zur Kenntnis genommen: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Weiterlesen

Herzenswunsch

Siehe, ich gebe dir ein weises und verständiges Herz, sodass deinesgleichen vor dir nicht gewesen ist und nach dir nicht aufkommen wird. (1. Könige 3,12)

Wenn Sie einen beliebigen Wunsch frei hätten: Was würden Sie sich am meisten wünschen? – Vielleicht: Gesundheit, ein gesichertes Auskommen oder Frieden? Die Bibel erzählt dass sich Salomo als junger König von Israel von Gott etwas wünschen darf (1. Könige, Kapitel 3). Und: „Salomo sprach: Du wollest deinem Knecht ein gehorsames Herz geben!“ Ein gehorsames Herz?! Mal ehrlich, wäre uns so ein Wunsch in den Sinn gekommen? Aber Salomo weiß: nur mit Gottes Hilfe ist er seiner verantwortungsvollen Aufgabe gewachsen. Nur im Gehorsam auf Gottes Gebote kann er erkennen, was richtig und falsch ist, um das Volk nach Gottes Willen zu regieren. Weiterlesen