Hoffnung, die im Kleinen wurzelt

Der Herr ist den Lebenden und den Toten gnädig. (Ruth 2,20)

Gelegentlich finden sich in biblischen Erzählungen (nach meinem Eindruck besonders im „Alten“ Testament) programmatische Sätze, die weit über ihren eigentlichen Zusammenhang hinausreichen. Auf solch einen Satz bin ich in Zeiten der Online-Gottesdienste gestoßen. Vielleicht wäre ich sonst achtlos daran vorübergegangen. Da sagt Noomi, eine in die Heimat zurückgekehrte leidgeprüfte Flüchtlingsfrau, zu ihrer Schwiegertochter: „Der Herr ist den Lebenden und den Toten gnädig“ (Ruth 2,20). Weiterlesen

Chefsache

„Spreche ich mit der Firma ‚Elektro Kaloschke‘? Ja … genau … Licht am Ende des Tunnels … jaaa, genau … ist wieder kaputt!“ Oh, oh. Da wird es ernst, das ist mit Händen zu greifen. Jetzt geht es mal wieder ums Ganze. Keine Frage: das Licht muss wieder her. Im Tunnel. Aber eben auch in unserem Leben. Das Licht muss irgendeiner wieder anmachen. Und das ist Chefsache. Wie eben zu Zeiten Jeremias, der Menschen vor sich hatte, die auch kein Licht am Ende des Tunnels mehr sehen konnten. Weiterlesen

Träume der Jungen, Weisheit der Alten | In Zeiten von Corona #17

Gott, du hast mich von Jugend auf gelehrt, und noch jetzt verkündige ich deine Wunder. (Psalm 71,17) – Simeon nahm das Kind Jesus auf seine Arme und lobte Gott und sprach: Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen. (Lukas 2,28-30) | Herrnhuter Tageslosung für den 2. April 2020

Dem greisen Simeon war versprochen worden, dass er nicht sterben würde, bevor er nicht seinen Frieden gemacht hätte mit dem Leben. Zu ihm gesellt sich in der Geburtsgeschichte Jesu die alte Frau Hannah, die nur sieben Jahre verheiratet und danach 77 Jahre (eine gefühlte Ewigkeit) Witwe war. Sie sollte vor ihrem Tod verstehen dürfen, welchen Sinn die Liebe macht, das schmerzensträchtigste aller Gefühle. An ihnen erfüllt sich die Weissagung des Propheten Joel, dass Gottes Friedensreich anbricht mit Menschen, die Visionen haben von einer Welt, in der es menschlich zugeht für alle, und für die solche Träume Anstoß werden zur gelebten Mitmenschlichkeit. Weiterlesen

Vom respektvollen Umgang zwischen den Generationen

Vor einem grauen Haupt sollst du aufstehen und die Alten ehren und sollst dich fürchten vor deinem Gott; ich bin der Herr. (Levitikus 19,32)

Wenn ich diesen Spruch lese, denke ich sofort an folgende Situation: Man sitzt im Bus, ein älterer Mensch kommt und wenn nicht genügend Platz frei ist, steht man auf und bietet ihm den Platz an. In solch einer Geste kommt zum Ausdruck, was dieses Gebot will. Es fordert uns auf, älteren Menschen den entsprechenden Respekt entgegenzubringen. Dieses Gebot hat schon eine alte Tradition. Weiterlesen

Es war eine gute Zeit

Meine kleine Enkeltochter macht zurzeit vieles zum ersten Mal. Das ist ganz normal, wenn so ein kleiner Mensch den Weg ins Leben erkundet und dabei viele neue Dinge entdeckt und ausprobiert. Genau umgekehrt ist es bei mir: Ich habe in den vergangenen Wochen vieles zum letzten Mal gemacht, weil mein Ruhestand beginnt und ich als Pfarrer der Evangelischen Lutherkirchengemeinde Altendorf von meinen Aufgaben „entpflichtet“ werde, wie es ganz offiziell heißt. Weiterlesen

Verjüngungskur

Meine „Kleine“ studiert Theologie, schon seit fünf Semestern … aber erst jetzt ist mir wirklich bewusst geworden, was das auch für mich bedeutet.

Meine Tochter bittet mich um eine kritische Meinung zu einer ihrer Hausarbeiten. Ein theologisches Thema – bislang mein „sicherer Ort“, an dem nur ich mich auskannte in unserer Familie. Nun wird zwischen zwei „Kolleginnen“ diskutiert.

Meine Tochter kennt Namen von Theologinnen und Theologen, die habe ich nie gehört. Sie vergleicht meine altbekannten dogmatischen Positionen etwa mit neuen Entwürfen aus Amerika. Sie nimmt selbstverständlich am interdisziplinären Seminar teil und der interreligiöse Dialog ist ein normaler Bestandteil ihrer Bemühungen, sich in der Welt der Theologie zu orientieren. Weiterlesen

Freitags brauche ich den Heiligen Geist besonders dringend

Immer freitags fühle ich mich alt. An diesem Tag unterrichte ich in einer Berufsschule. Dann sitzen sie mir gegenüber: Junge Männer und Frauen, die schon mit dem Daumen auf dem Handy geboren wurden, die selbstverständlich vertraut sind mit allen elektronischen Geräten, sie umfassend zu nutzen wissen und sogar verstehen, was sie tun.

Mich verstehen sie aber nicht. Ich erzähle ihnen, wie ich während meines Studiums eine Stunde in der Schlange vor der Telefonzelle stand, zur billigen Tarifzeit. Ihre Reaktion ist pures Unverständnis! Unsere Erfahrungen mit dem Leben können sich einfach nicht begegnen, sind zu verschieden. Weiterlesen