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Wir dürfen neu anfangen

„Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.  Siehe da, die Stätte wo sie ihn hinlegten.“  (Markus 16,6).

Da ist so viel passiert. Die letzten Tage der Jünger mit Jesus. Das letzte Abendmahl. Die Gefangennahme und dann die Kreuzigung. Sein Tod. Hier endet für alle, besonders für die Jünger, eine außergewöhnliche Zeit. Jesus hat sie gerufen und berufen. Er hat ihnen die Geheimnisse des Himmelreiches offenbart. Sie haben Wunder und unzählige Heilungen erlebt. Ein irres Leben, das die Jünger erleben.

Und jetzt das. Sie sind mehr als verzweifelt, fallen in ein unfassbar tiefes Loch. Dazu kommt die Angst vor den Römern. Kurz vor seiner Gefangennahme sprach Jesus mit seinen Jüngern. Er sagte: „Der Menschensohn wird überantwortet werden in die Hände der Menschen, und die werden ihn töten; und wenn er getötet ist, so wird er nach drei Tagen auferstehen.“ (Markus 9,31)

Die Jünger sitzen in ihrer Hütte und stellen fest: Jesus ist getötet worden. Den zweiten Teil von Jesu Aussage haben sie gar nicht auf dem Schirm.

Bis meine Frau im April verstarb, war ich viel bei ihr im Krankenhaus. Die letzten Tage waren schmerzlich und das Unvermeidliche trat ein. Ich saß in den Tagen danach viel in unserer Küche und hatte die Worte, die sie in den letzten Tagen sagte, immer wieder im Ohr.

Bei den Jüngern war das anders. Ja, Jesus sprach von seinem Tod. Das war schon unvorstellbar. Aber Auferstehung? Das war wohl etwas zu viel für die armen Jünger. Jesus, hast Du sie damit völlig überfordert? Wahrscheinlich! Nicht einmal das Großmaul Petrus schafft es zu sagen: Eh, Leute, Er hat gesagt Er wird auferstehen. Lasst uns zum Grab gehen und sehen, was passiert. Nein, nichts von dem.

Die Bibel berichtet, dass die Jünger bei der Festnahme flohen und die Kreuzigung gar nicht erlebt haben. Die Frauen aus Jesu Nähe standen vielleicht etwas entfernt dabei und erlebten seinen Tod. Ihm zur Ehre gingen sie zum Grab, um ihn zu salben. „Wer rollt uns bloß den Stein weg?“, das war ihre Sorge. Und jetzt gibt es wieder Achterbahn. Der Stein ist weg. Im Grab sitzt ein Engel, und der hat alle Mühe, die völlig aufgelösten Frauen zu beruhigen.

„Entsetzt euch nicht!“ – einfacher gesagt: „Es ist alles gut!“ Aber nichts war gut, Jesus war weg, gestohlen, versteckt, was auch immer. Die Synapsen sind am Anschlag. Der Engel erklärt: „Ihr sucht Jesus den Gekreuzigten.“ Ja, sicher, deshalb sind wir gekommen. Und jetzt erinnert der Engel an die Abschiedsrede von Jesus aus Markus 9. „Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da, die Stätte, wo sie ihn hinlegten.“

Tiefste Trauer schlägt um in unsagbare Freude. Nicht begreifbar, nicht erklärbar, aber da. Sie laufen nach Hause und berichten den Jüngern. Die sind noch mächtig skeptisch, aber Jesus besucht sie sehr bald und auch sie können es erfassen.

Frauen wurden damals oft nicht für voll genommen. Christen geht es heute oft nicht anders: Diese Geschichten von damals, wenn sie überhaupt stimmen, kann man doch nicht als Fundament für ein modernes Leben nehmen!

Doch – kann man. Man muss nur zuhören. Jesus sieht all das, was wir nicht hinkriegen. Wir mühen uns in Schule und Beruf, in Familie und Karriere und wer weiß, wo noch. Und wenn wir ehrlich sind, werden wir unseren Anforderungen und Ansprüchen oft nicht gerecht. Dann driften wir ab in Dinge, auf die wir nicht stolz sein können. Im Kleinen und im Großen. Das belastet das Herz. Natürlich sind wir nach außen hin stark und perfekt, aber innendrin ist es nicht gut.

Jesus weiß das und ist für unser Versagen, für unseren Egoismus, für unseren Hochmut ans Kreuz gegangen, um uns davon freizumachen.

Wir dürfen jeden Tag neu anfangen. Das ist das Geschenk seiner Auferstehung. Fühlt sich vielleicht genau so fremd an wie für die Jünger, aber es ist Realität, die Bestand hat.

Volker Plaar