Die Ernte ist groß

Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenige Arbeiter, sagte Jesus zu seinen Jüngern. Darum bittet den Herrn, dass er noch mehr Arbeiter aussendet, die seine Ernte einbringen. (Matthäus 9,37-38)

1 | „Die Ernte ist groß.“ Wird das jetzt eine Selbstbeweihräucherung zum 100jährigen Jubiläum der Diakonie in Essen? Nein. Aber im Blick zurück ist doch sehr viel Dank an Menschen und noch mehr an Gott angesagt. Und auch ein bisschen Stolz auf das, was Menschen tagein tagaus und das seit Jahrzehnten, ja seit über 100 Jahren zum Wohl ihrer Mitmenschen tun. Weiterlesen

Dem anderen zum Nächsten werden

125 Jahre gibt es in diesem Jahr die Bahnhofsmission im Hauptbahnhof Essen. Das ist wirklich ein guter Grund zu feiern. Und das tun wir ja auch schon kräftig in diesem Jahr. Das war etwa am bundesweiten Tag der Bahnhofsmission im Frühjahr der Fall und natürlich auch beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz, der die Arbeit am 1. September sehr gewürdigt hat.

Nach der Gründung 1897 durch die Diakonie kam nach wenigen Jahrzehnten die Caritas als Träger hinzu. Heute ist die Bahnhofsmission in Essen selbstverständlich ökumenisch aufgestellt, und selbstverständlich wird ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert. 125 Jahre ist die Bahnhofsmission eine ganz besondere und immer verlässliche Anlaufstelle für die Menschen im und am Bahnhof. Hier gibt es Hilfestellung, wo und wie sie gerade gebraucht wird. Diese Unterstützung hat sich mit den Menschen am Bahnhof und in der Stadtmitte gewandelt. Weiterlesen

Wozu ist die Kirche da?

Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. (2. Timotheus 1,7)

Jeden Monat in der Presbyteriumssitzung sind wir bekümmert, dass wieder 5 bis 12 Menschen bewusst unsere Gemeinde verlassen haben und aus der Kirche ausgetreten sind. Oft sind es Menschen, die Anfang zwanzig sind – da liegt die Vermutung nahe, dass sie nun zum ersten Mal Kirchensteuer zahlen müssen und diese sparen möchten. Aber auch im fortgeschrittenen Alter kehren uns immer wieder Menschen den Rücken. Das macht uns betroffen.

Von einzelnen wissen oder ahnen wir, dass sie sich über eine Pfarrerin oder einen Mitarbeiter geärgert haben. Manche sind enttäuscht, weil sie keinen Platz in der Kindertagesstätte oder keinen Besuch zum Geburtstag bekommen haben, andere wollen sich von den Missbrauchsskandalen, die ja auch leider in der Kirche vorgekommen sind, distanzieren. Weiterlesen

Begabt und beaufgabt

Alle sollen einander mit den Begabungen dienen, die sie empfangen haben. Setzt sie so ein, dass ihr euch als Menschen erweist, die mit der vielfältigen Gnade Gottes gut haushalten können. (1. Petrus 4,10)

Können die hier kein Deutsch? „Beaufgabt“, was ist das denn für ein Wort? Das gibt es doch gar nicht… Doch, das gibt es – nicht das Wort, aber die Sache.

Im Winter hat Borussia Dortmund einen neuen Stürmer verpflichtet: Erling Haaland. Ein junger Norweger, der bei seinen bisherigen Vereinen aufgefallen war: durchsetzungsstark, flink, torgefährlich. Ein enorm begabter Stürmer. Er sollte dem BVB helfen, die nötigen Tore zu schießen, um in der Spitze der Bundesliga mithalten zu können. Und, was soll man sagen, nach Ende der Corona-Saison? „Beaufgabung“ erfüllt, dem BVB-Sturm neues Leben eingehaucht; viele Tore und Assists innerhalb kürzester Zeit. Ein begnadeter Typ. Begnadet – da hat jemand etwas geschenkt bekommen, das man nicht kaufen kann. Weiterlesen

Mit Gott verbunden bleiben

…auf dass sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst. (Johannes 17,23)

Als Kind habe ich gerne am Feiertag Christi Himmelfahrt an dem ökumenischen Gottesdienst unserer Gemeinde teilgenommen. Besonders gut sind mir die anschließenden Ausflüge mit der gesamten Gemeinde in Erinnerung. Es wurde gesungen und gebetet, gespielt und geredet, gewandert und gefeiert. Wir wussten uns als Christen miteinander verbunden, egal ob katholisch oder evangelisch, Mann oder Frau, Kind oder Opa. In diesen Stunden erlebte ich mit allen Sinnen, was es bedeutet, dass „alle eins seien“. Weiterlesen

Ostergeschichte(n)

Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. (Johannes 20,21)

Plötzlich ist alles anders. Jetzt gibt es ein „Davor“ und ein „Danach“. Jetzt ist „Danach“.
Maria ist am Grab gewesen. Das Grab ist leer. Keine Erinnerung mehr greifbar an das, was einmal gewesen ist. Dann ist Jesus Maria begegnet, aber er ist da und doch nicht da. Unnahbar. Es ist anders als früher. Nichts ist mehr „beim Alten“. Abends treffen sich die Menschen, die Jesus ganz nah gewesen waren, hinter verschlossener Tür. Plötzlich ist Jesus wieder bei ihnen. Diesmal hören sie ganz deutlich einen Gruß und einen Auftrag. Jesus Christus spricht: „Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden erlasst, dem sind sie erlassen; wem ihr sie behaltet, dem sind sie behalten.“

Was für eine Macht, was für eine Verantwortung, die Jesus da seinen Freunden überträgt! Und was für eine Aufgabe! Es geht ums Ganze: um Gerechtigkeit vor Gott. Der Auftrag trifft sie mitten ins Mark. Die Ereignisse der vergangenen Tage sitzen ihnen noch in den Knochen: Die Jünger haben das Unrecht, das Jesus angetan worden ist, hautnah mitbekommen. Jetzt haben sie es selber mit der Angst zu tun. Dieses Unrecht erschüttert sie zutiefst. In ihre Angst hinein hören sie: „Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Johannes 20,21). Weiterlesen

Ich wünsche Ihnen den Frieden der Heiligen Nacht!

Seit jeher erzählt die Geschichte der Heiligen Nacht von der Menschwerdung Gottes. Das ist ihr Kern: Gott begegnet uns in einem Kind – und nicht als Kriegsfürst, Milliardär oder Präsident. Arm erscheint es, schutzlos und bedürftig. Und doch wohnt eine große Kraft in ihm, die die Menschen bis heute in ihrem Innersten berührt und verwandeln kann – eine Kraft der Nächstenliebe und der Menschlichkeit.

Was bedeutet das – für unsere Zeit? Zum einen – dass es Sinn macht, die uralten Hoffnungen, Lieder und Erfahrungen der Begegnung mit Gott, von denen die Bibel erzählt, durch die Generationen weiterzugeben und mutig in unsere Gegenwart zu übersetzen – damit Menschen auch heute von der Weihnachtsbotschaft angerührt werden. Zum Zweiten – dass jedes Leben einzigartig ist, dass jeder Mensch ein Recht auf Anerkennung und Respekt hat und von Gott geliebt wird. Zum Dritten – dass jede Begegnung wichtig für mein Leben ist. Das war nie einfach. Jede Begegnung birgt das Potential in sich, etwas zu entdecken, das beglückt – genauso wie etwas zu entdecken, was mir widerstrebt und mich vielleicht verstört. Doch wenn wir einander wahrhaftig zuhören, wenn wir wirklich verstehen wollen, woher der oder die andere kommt, woran sie glaubt, worauf er hofft – werden wir am Ende belohnt und durch jede Begegnung reicher. Weiterlesen

Jesus lebt – Ohnmacht und Vollmacht

Karfreitag. Jesus stirbt. Unschuldig. Für mich. Für uns.
Ostern. Jesus ist auferstanden. Für mich. Für uns.
HALLELUJA!

Nachdem ich das kapiert hatte, nach langen Umwegen, Suchen, Ratlosigkeit, Aufgeben wollen, und schließlich, dank liebevoller Hilfestellung meiner Herzensfreundin, war ich am Ziel meiner Suche angekommen.

Meinen Weg zu Jesus hatte ich gefunden – und auch eine neue Gemeinde. Die Verbindung stand. Soviel war mir klar. Jetzt fehlte mir die Verbindung zu Menschen, und zwar unbedingt auch zu Menschen außerhalb des Gemeindelebens. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was Gott wohl mit mir vorhatte…

Dann ein Aufruf in der Zeitung – Ausbildung zur ehrenamtlichen Sterbebegleiterin. Weiterlesen

Im letzten Moment die Gnade Gottes leben und erleben | 20 Jahre Hospiz Essen-Steele

Unser Leben währet siebzig Jahre – und wenn es hoch kommt, so sind es achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon. (Psalm 90,10)

Es gibt Sätze und Verse, die bleiben und hinterlassen einen tiefen Eindruck. Als ich über den wertvollen Dienst der Begleitung Sterbender im Hospiz nachdachte, kamen mir solche bleibenden Verse in den Sinn. Es sind die Worte eines Beters, einer Beterin aus dem alten Israel. Worte aus Psalm 90, die an meine eigene Erfahrung als Pfarrerin anknüpfen: an wie vielen Gräbern wurde Psalm 90 schon gesprochen.

Der Psalmbeter malt die Vergänglichkeit des Lebens mit Bildern aus der Natur: „Das Leben ist wie Gras, das am Morgen noch blüht und sprosst und des Abends welkt und verdorrt“ (Psalm 90,5-6). Ein Bild, dem beim ersten Hören ein gewisser abgeklärter Realismus innewohnt. Wenn ich jedoch an konkrete Momente des Lebens und Sterbens denke, wird dieser abgeklärte Realismus des Psalms plötzlich ganz nah, persönlich und emotional. Weiterlesen

Wenn das Glück ins eigene Herz zurückkommt | Über die Kirche und das Glück #3

Auf dem Tisch von Erich Hüsch liegt viel Lesestoff. Dazu gehören Gemeindebriefe und englische Kirchenlieder. Er wohnt im Evangelischen Seniorenzentrum Essen-Frohnhausen, ist 91 Jahre alt und Mitglied der Evangelisch-methodistischen Kirche im Bezirk Mülheim an der Ruhr. Über seine Eltern ist er zur Kirche gekommen und war immer ökumenisch. Er berichtet, dass der Begriff Glück an über 100 Stellen in der Bibel zu finden ist und zitiert aus dem Buch Sirach, aus dem elften Kapitel: „Es kommt alles von Gott, Glück und Unglück, Leben und Tod. Armut und Reichtum.“ Weiterlesen