Ein elementares Bedürfnis

Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle lebendigen Wassers umsonst. (Offenbarung 21,6)

Die Jahreslosung 2018 spricht ein sehr elementares Bedürfnis an. Ein Bedürfnis aber auch, dessen Erfüllung für die allermeisten unter uns restlos selbstverständlich ist. So selbstverständlich, dass es uns als Bedürfnis vielleicht gar nicht mehr bewusst ist.

In vielen Gebieten dieser Welt ist das anders. Auch im Land der Bibel. Vor vielen Jahren bin ich im Wadi Qelt gewandert, das ist die Gegend, in der die Geschichte vom barmherzigen Samariter spielt. Unterwegs in glühender Hitze, in der Wüste Juda zwischen Jerusalem und Jericho, wird Wasser wertvoll. Und tief unten im Tal entdecke ich ein grünes Band. Dort ist Wasser. Fließendes, lebendiges Wasser. Wem vor Durst die Zunge am Gaumen klebt, der kennt kaum etwas Wertvolleres als einen kleinen Schluck frischen Wassers. Frischen Wassers, wohlgemerkt. Nicht abgestandenes, trübes, verunreinigtes oder auch nur gechlortes.

Wasser ist – neben dem täglichen Brot – das Lebensmittel schlechthin. Gerade deshalb taugt es so gut als Symbol. Wir dürsten ja nicht nur nach Wasser, sondern oft genug auch nach Anerkennung, nach Liebe, nach Geduld, nach Ruhe, nach Sinn, nach Leben. Weiterlesen

Wolkenklang – Von der Leichtigkeit des Glaubens

Herr, deine Güte reicht, soweit der Himmel ist, und deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen. (Psalm 36,6)

Waren Sie zwischen dem 29. Oktober und dem 11. November 2017 in der Marktkirche? In dieser Zeit lief das zweite „Essen Light Festival“ im Rahmen der Essener Lichtwochen. Wenn Sie während dieser Zeit dort waren, erinnern Sie sich bestimmt daran. Die Kirche war mit „Wolkenklang“ gefüllt. Die Wolken sind dabei wörtlich zu nehmen. „Wolkenklang“ hieß die Licht-Klang-Installation, die der Essener Künstler Daniel Kurniczak in der Marktkirche zeigte. In Gestalt von künstlichen Wolken holte der Künstler den Himmel in die Kirche, ließ Wolken durch den Kirchenraum fliegen. Abends gab es dazu sphärische Klänge und ein träumerisches Farbenspiel. Marktkirche und Kunst ließen Neues entstehen, bezauberten die Menschen, die den Raum betraten und für kurze Zeit in eine andere Welt entführt wurden. Selbst am Tag veränderten die kleinen und großen Wolken den Kirchraum – mit einfachem Sonnenlicht. Sie gaben dem ganzen Raum etwas Spielerisches, etwas Leichtes. Weiterlesen

Der Durst nach Liebe, Frieden und Gerechtigkeit

Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. (Offenbarung 21,6)

Worte aus der Bibel. Die Jahreslosung 2018. Es ist eine ökumenische Tradition, über jedes Jahr ein Bibelwort zu stellen. Wir sind eingeladen, sie zu hören, mitzunehmen und uns auch zwischendurch immer mal wieder daran zu erinnern: „Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“

Diese Worte stammen aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes. Es ist ein besonderes Buch. Wenn ich es lese, komme ich mir vor, als säße ich in einem großen Theater. Vor mir die Bühne. Der Vorhang ist geschlossen. Noch sehe ich nicht, was dahinter ist. Ich darf gespannt sein. Dann öffnet sich der Vorhang und ich werde mit hineingenommen in die Szene, die sich vor meinen Augen ereignet. Weiterlesen

Ein Gruß zum Jahreswechsel

Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. (Offenbarung 21,6)

Meinen Gruß zum Jahreswechsel will ich zunächst mit einem dankbaren Rückblick auf das Jahr des Reformationsjubiläums beginnen: Obwohl Menschen mit der Kirche nicht mehr selbstverständlich etwas anfangen können, ist es uns gelungen, viele Essener Bürgerinnen und Bürger mit der Geschichte und den zentralen Anliegen der Reformation in Kontakt zu bringen. Dazu haben fast zweihundert Veranstaltungen beigetragen, die von engagierten Ehren- und Hauptamtlichen aus unseren Gemeinden, Diensten und diakonischen Einrichtungen geplant und durchgeführt wurden – ein starkes, ermutigendes Zeichen! Besonders hervorheben möchte ich auch die gelungene und wohltuende Zusammenarbeit über die Grenzen unserer eigenen Konfession und Religion hinweg – hier ist etwas gewachsen, das uns alle auf dem Weg des Miteinanders deutlich voranbringen wird. Und daran wollen wir im kommenden Jahr anknüpfen. Weiterlesen

Ein Haus für Gott

Weihnachten sind die meisten am liebsten zu Hause. Feiern zusammen mit der Familie. Studenten, die an entfernten Orten studieren, machen sich auf den Weg durch die halbe Republik, um zum Fest zuhause zu sein. Eine Umfrage bei den Konfirmanden „Was ist dir das wichtigste am Weihnachtsfest?“ ergab mit überwältigender Mehrheit: Mit der Familie zusammen zu sein und gemeinsam zu feiern. Geschenke waren sehr nachgeordnet. Familie: Eltern, Geschwister, wenn möglich Oma und Opa. Niemand soll, niemand will heute alleine sein. Man rückt zusammen, macht es sich gemütlich. Isst ein festliches Mahl, beschenkt sich, genießt die Zeit. Zuhause ist es am schönsten.

Für viele ist es so, aber nicht für alle. Manche flüchten von zu Hause, gerade jetzt, fliegen in die Sonne, suchen Abstand. Denn zu Hause an Weihnachten ist für sie schwer. Und leer. Zu viele Erinnerungen, zu viel Streit, enttäuschte Erwartungen. Alte Wunden brechen auf und schmerzen wie am ersten Tag. Und die Sehnsucht, sie schmerzt auch: die Sehnsucht nach einem Stück heile Welt, nach Frieden und Dazugehören, gerade heute Nacht, nach einem Ort der Geborgenheit und des Trostes. Nach Nähe. Nach dem Zauber der alten Geschichte vom Kind im Stall. Weiterlesen

„Was willst du?“

Was willst du, dass ich für dich tun soll? Er sprach: Herr, dass ich sehen kann. Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen. (Lukas 18,40-42)

Immer wieder treffen wir in den Heilungsgeschichten der Evangelien auf diese Frage Jesu. „Was willst Du?“ – „Willst du gesund werden?“ Ja – natürlich will er gesund werden: der Kranke, der mittlerweile schon 38 lange Jahre krank darnieder liegt. „So steh auf, nimm dein Bett und geh“, antwortet Jesus – und der Mann nimmt seine Matte und geht (Johannes 5,6ff.).– „Was willst du, dass ich dir tun soll?“, so fragt Jesus den Blinden vor dem Stadttor zu Jericho. „Herr, dass ich sehen kann“, antwortet dieser – und er wird sehend (Lukas 18,41ff.).

Wenn wir gefragt werden: Was willst du? Wie würde unsere Antwort ausfallen auf den vielen Wegen unseres Lebens? Wir wünschen und hoffen, wir arbeiten auf ein Ziel hin und verwerfen es wieder; wir treffen auf mancherlei verschlossene Türen. Sie lassen sich partout nicht öffnen – und wir zweifeln an uns, am Leben, es ist oft zum „Ver“-Zweifeln. Weiterlesen

Gott ist ein Verschwender

Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. (Matthäus 6, 26)

Ja, Sie haben die Überschrift richtig gelesen: Gott ist ein Verschwender. Mit vollen Händen teilt er aus. Schwindel erregend großzügig. Jesus sagt im Zusammenhang mit dem guten Hirten: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und volle Genüge“ (Johannes 10,10).

Da steht er in einer Linie mit dem guten Hirten aus Psalm 23, „und schenkst mir voll ein“. Da kann ich gut sein. Auch der alte Weinbauer fällt mir ein, der andächtig eine pralle dunkle Traube in der Hand wiegt. Seine Augen strahlen. So lässt sich freilich wunderbar Erntedank feiern. Frucht in Hülle und Fülle! Weiterlesen

Vom Wachsen und Werden

Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn, das einer nahm und auf seinen Acker säte. Es ist zwar das kleinste unter allen Samenkörnern, aber sobald es hochgewachsen ist, ist es größer als alle anderen Gewächse und wird ein Baum, so dass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten. (Matthäus 13, 31-32)

Die Sommerferien sind vorbei – und ich vermute, dass viele von Ihnen den „großen Sommerurlaub“ gerade hinter sich haben und dabei sind, sich wieder in den Arbeitsalltag einzufügen. Viele Leserinnen und Leser haben ihren Urlaub – zumindest einen Teil davon – sicher nicht hier in Essen verbracht, sondern in einer Umgebung, die mehr von der Natur als von der Stadt geprägt ist. Und so haben vielleicht auch Sie noch Bilder im Kopf von schönen Landschaften: vom Meer vielleicht oder von Bergen und Hügeln, von grüner Weite, von Wald und Feld, von Seen, von Bäumen… von so vielem, mit dem die Natur, mit dem Gottes Schöpfung uns beschenkt. Weiterlesen

Über das Verschwinden der Barmherzigkeit

Darum seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. (Lukas 6,36)

Vor einiger Zeit ist ein sogenanntes „Lexikon der bedrohten Wörter“ erschienen. Denn es gibt nicht nur bedrohte Pflanzen und Tiere, sondern auch Wörter, die vom Aussterben bedroht sind. Wörter wie „Kleinod“ oder „hold“. Beide hören Sie im Alltag nicht mehr. Ebenso wenig wie das Wort „barmherzig“.

Wenn Konfirmanden beim Vorlesen aus der Bibel auf dieses Wort stoßen, dann stocken sie und betonen es mit ziemlicher Sicherheit auf der ersten Silbe. Sie sagen: „barm-herzig“. Daran merke ich, dass sie das Wort noch nie gelesen oder gehört, geschweige denn selbst gebraucht haben.

Mich beunruhigt das. Denn man sagt nicht zu Unrecht: Wenn ein Wort verschwunden ist, dann ist auch die Sache selbst verschwunden. Weiterlesen

Ein Gehorsam, der Mut und Freiheit bringt

Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. (Apostelgeschichte 5,29)

Ein kritisches Programm des Christseins ist kaum kürzer zu fassen. Die Schlagworte eines Slogans könnten nicht besser gewählt werden. Der Satz klingt nicht nach einem Gebot, vielleicht mehr nach einem Befehl, jedoch ohne Zwang und ohne Bedrohung; ich würde sagen, wir hören ihn als eine Herausforderung.

Aber ist er das? Aber für wen? Und wie? Und was heißt das denn schon: „gehorchen“? Wird der Gehorchende, also der Gehorsame, nicht augenblicklich unfrei? Gehorsamkeit ist ein heute nur noch selten gebrauchtes, archaisch anmutendes Wort wie aus einer längst überkommenen Welt; es klingt nach Unterwürfigkeit und Obrigkeit, nach Missachtung und Strafandrohung. Aber die Antwort steckt schon im Wort selbst. Vor dem Gehorsam steht das Gehör: Das Hören der Worte desjenigen, dem wir angehören. Weiterlesen