Ein Korn, eine Ähre, ein ganzes Feld

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein: wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. (Johannes 12,24)

Aus einem Weizenkorn wächst ein Halm mit zwei bis drei Ähren. Die ergeben zusammen ca. 120 Körner: Aus eins wird 120. Und wenn ich die 120 aussähe, ergeben sie schon 14.400. Und wenn wir das weiter fortsetzten, erhalten wir irgendwann ein ganzes Weizenfeld.

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, sagt Jesus, bleibt es allein. Ein einzelnes Korn, gut gelagert, verdirbt nicht. Es bleibt so wie es ist, schön und unversehrt. Und das über Jahre, Jahrzehnte. Archäologen haben sogar Körner entdeckt, die nach Jahrhunderten noch keimfähig waren.

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Es kann das, was in ihm steckt, seine innewohnende Kraft, nicht entfalten, und sich somit auch nicht einbringen und anderen zur Verfügung stellen. Es bleibt allein. Nur wenn es stirbt, so Jesus, bringt es Frucht, sogar viel Frucht. Weiterlesen

Dein Wille geschehe

Nicht mein, sondern dein Wille geschehe! (Lukas 22,42)

Im Gegensatz zur Adventszeit ist die Passionszeit weit weniger bekannt und vor allem wesentlich weniger beliebt. Obwohl beide Zeiten durch violette Antependien in unseren Kirchen gekennzeichnet werden und uns damit zur Umkehr zu Gott mahnen, haben sie doch ein ganz anderes Gepräge: Lichterglanz, Duft und Geschenke begleiten unsere Vorfreude auf Christi Geburt im Dezember, dagegen erinnern wir uns in den knapp sieben Wochen vor Ostern an die Leidenszeit Jesu, an Verrat, Schuld und gewaltsamen Tod. Weiterlesen

Jesus lebt – Ohnmacht und Vollmacht

Karfreitag. Jesus stirbt. Unschuldig. Für mich. Für uns.
Ostern. Jesus ist auferstanden. Für mich. Für uns.
HALLELUJA!

Nachdem ich das kapiert hatte, nach langen Umwegen, Suchen, Ratlosigkeit, Aufgeben wollen, und schließlich, dank liebevoller Hilfestellung meiner Herzensfreundin, war ich am Ziel meiner Suche angekommen.

Meinen Weg zu Jesus hatte ich gefunden – und auch eine neue Gemeinde. Die Verbindung stand. Soviel war mir klar. Jetzt fehlte mir die Verbindung zu Menschen, und zwar unbedingt auch zu Menschen außerhalb des Gemeindelebens. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was Gott wohl mit mir vorhatte…

Dann ein Aufruf in der Zeitung – Ausbildung zur ehrenamtlichen Sterbebegleiterin. Weiterlesen

Sperriges Kreuz

„Die Welt ist aus den Fugen geraten.“ So hören wir es dieser Tage, angesichts der gegenwärtigen Erfahrungen von Terror und Krieg. Der brutale Bürgerkrieg in Syrien geht in sein sechstes Jahr – Hunderttausende starben, wurden verwundet, hungern oder sind auf der Flucht. Die Terrormiliz IS wütet barbarisch und trifft uns mitten ins Herz. Die Anschläge in Brüssel zeigen, dass uns die globalen Konflikte direkt betreffen. Unser Herz ist schwer in diesen Tagen angesichts der Toten und Verletzten in Brüssel.

„Die Welt ist aus den Fugen geraten.“ So war es schon damals, vor 2000 Jahren, als Jesus gekreuzigt wurde. Wieder einmal versuchen wir, dieses Geschehen zu verstehen. Aber das Kreuz der Geschichte ist sperrig – vor allem dann, wenn wir unsere Trauer, unseren Zorn und unsere Fragen in diesen Tagen zulassen. Weiterlesen

Großes Kino

Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi. Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns. (2. Korinther 4,6+7)

Das ist ganz großes Kino, das uns Paulus hier vor Augen malt! Erste Einstellung: Wir sehen auf die übergroße Leinwand und sehen: nichts. Finsternis, tiefschwarze Nacht, und dann die Stimme: Es werde Licht! Und langsam weicht die Finsternis. Am Horizont ein Schimmer, erst nur ein grauer Streifen, orange, gelb, die Sonne geht auf – majestätisch, kraftvoll, wir müssen schon die Augen abwenden, so gleißend ist das Licht; und die Finsternis weicht. Ein neuer Morgen bricht an. Wie am ersten Schöpfungstag – durch Gottes machtvolles Wort wird das Licht. Schnitt. Weiterlesen

Ecce homo

Als Herr B. ins Seniorenheim einzog, war zuerst kein Einzelzimmer frei. So lebten Herr B. und Herr P. für einige Monate gemeinsam in einem Doppelzimmer. Sie erzählten sich aus ihrem Leben. Menschen aus verschiedenen Welten.

Herr B. war zwölf Jahre alt, als er mit Mutter und Baby-Schwester aus Ostpreußen floh. Vor den Russen. Mit einer Pistole, im Gepäck versteckt – bereit, jeden Russen zu töten, der der Mutter zu nahe käme. Ein Kind voll mörderischem Hass – der ihm zu überleben half, in jener Zeit.

Später – lange nach den schlimmen Zeiten – blieb Herr B. bei seiner Meinung, dass von den Russen nichts Gutes kommen könnte. All die Jahre seines Erwachsenenlebens sah er keine Notwendigkeit, seine Meinung je zu ändern.

Herr P. ist Russe. Im Krieg war er Soldat. Er tötete deutsche Soldaten und wen immer sonst man ihm als Feind aufgebaut hatte. Ein Mann mit mörderischem Hass – auch er überlebte so. Weiterlesen

Thomas, der glaubt… und zweifelt

Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand an seine Seite lege, kann ich’s nicht glauben. (Johannes 20,25).

Jesus Christus – auferstanden von den Toten, so bekennen wir die Osterbotschaft im Apostolischen Glaubensbekenntnis. Und gleichzeitig übersteigt das unser Verstehen. Über den Tod hinaus zu glauben ist alles andere als leicht. Da kann ich fröhlich singen und doch tief zweifeln. Wie Thomas. Der zweifelt. Auch er hat sich den Glauben nicht leicht gemacht. Ihm geht das, was ihm die befreundeten Jünger erzählen, zu schnell und zu glatt. Thomas sagt, dass er nicht an die Auferstehung des Gekreuzigten glauben wird, bevor er nicht die Finger in die Wunde legen kann. Er will es buchstäblich begreifen, mit den Händen spüren. Er macht einen Schritt nach vorn… und wieder zurück. Er vertraut… und misstraut…
Thomas, der Zweifler, ist in uns oft lebendiger als Jesus der Auferstandene. Denn es ist ja unbestreitbar: Man kann, wie Thomas, Jesus nachfolgen, von seinem Geist ergriffen sein, und trotzdem ratlos vor den Ostergeschichten stehen. Weiterlesen

Es ist vollbracht und es ist viel zu tun

Es ist vollbracht. (Johannes 19,30)

Jesus Christus: gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes – so bekennen wir im Apostolischen Glaubensbekenntnis den Sohn Gottes, der in die tiefsten Tiefen hinabgestiegen ist. Ob man sie nun Totenreich oder Hölle nennt: Jesus geht dem menschlichen Leiden auf den Grund, er geht ihm nach bis in den tiefsten Abgrund.
Am Karfreitag werden wir über Jesus mit hineingenommen in Leid, Schmerz, Verzweiflung und entwürdigende Aussichtslosigkeit im Alltagsleben vieler Menschen. Wir brauchen so gesehen keine jenseitige Höllenvorstellung, um zu wissen, dass es sie gibt, die Hölle, hier und jetzt. Dass es sie immer gab, quer durch Kontinente und Kulturen. Es gibt diese Orte, an denen Menschen verzweifelt sind und sich zutiefst verlassen fühlen. Hier mitten unter uns.
Die Hölle heute – sie heißt auch Demenz und Alzheimer. Ich bin mir sicher: zu den an Demenz Erkrankten würde Jesus heute hinabsteigen, um dem Leid der Menschen auf den Grund zu gehen. Weiterlesen

…und mitten im Leben der Tod

Wir sind betroffen, entsetzt und sprachlos. Wir verstehen nicht, wir begreifen nicht. 150 Menschen sind tot, 149 von ihnen mit in den Tod gerissen, weil der Co-Pilot mutmaßlich die Maschine bewusst zum Absturz gebracht hat, um seinem Leben ein Ende zu setzen. Es ist unfassbar. Zum Entsetzen und zur Betroffenheit kommt die Wut: der Selbstmörder ist zum Mörder von 149 Menschen geworden. Die Hinweise darauf verdichten sich. Unsagbares Leid ist über die Familien und Freunde der Opfer hereingebrochen und ihnen gilt unsere ganze Anteilnahme. Wer kann ihre Verzweiflung ermessen? Worte haben ihre Kraft verloren, noch ehe wir sie sagen. Mitten im Leben der Tod. Weiterlesen