Alltag bei Luthers

ERZÄHLER: Denken wir uns zurück. Wir befinden uns im Frühjahr 1525 in Wittenberg. Vor gut siebeneinhalb Jahren hat Martin Luther die Thesen an die Schlosskirche angeschlagen. Was davor geschehen ist und was danach geschah, davon wollen wir heute aus berufenem Munde hören. Denn sie besuchen uns heute. Begrüßen Sie herzlich mit mir: Katharina von Bora und Martin Luther.

KATHARINA [kommt vor und ruft]: Martin, Martin!

MARTIN: Katharina, warum ruft Sie mich schon wieder herbei, ich muss an die Arbeit. Am kommenden Sonntag ist der Gottesdienst zu halten – und ich bin mit meiner Predigt noch nicht so weit. Der Text von Paulus: Das Weib sei untertan dem Manne, aus dem Epheserbrief, macht mir zu schaffen.

KATHARINA: Darum geht es gerade, Martin. Er wolle mich heiraten, hat Er gesagt. Aber ich sehe doch die Leute und höre sie reden, wie sie sich den Mund darüber zerreißen und sagen: Seht nur, die Nonne und der Mönch. Das ist wider Gottes Gebot – das ist Sünde. Wie sollen wir es nun halten, was sagt Ihm sein Glaube? Weiterlesen

Glaube und Anfechtung

Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. (Hebräer 11,1)

Etwas sperrig ist er, dieser Spruch, aber er sagt klar und eindeutig, was Glaube ist. Sollte es so einfach sein mit dem Glauben? Lässt Glaube sich in einem einzigen Satz definieren? Dann müssten wir den nur auswendig lernen, öfter mal in Erinnerung rufen, und schon klappt es auch mit dem Glauben. So ist es aber nicht.

Das Nichtzweifeln beinhaltet nämlich auch das Zweifeln, und die feste Zuversicht hat auch ihr Gegenteil, eine schwankende oder gar nicht vorhandene Zuversicht.
Der unbekannte Verfasser des Hebräerbriefes weiß das und richtet hier ein aufrichtendes, mahnendes und erklärendes Wort an eine ebenfalls unbekannte Gemeinde oder Gruppe, die offensichtlich müde und angefochten ist und in der Gefahr abzugleiten.

Ich denke, dieses Gefühl der Anfechtung, des Zweifels, kennen wir alle. Wir kennen Zeiten, in denen wir uns als gläubig bezeichnen würden, aber auch solche, in denen wir uns fernab jeden Glaubens fühlen. Weiterlesen

Konfirmation mit zwanzig oder: Meine Geschichte mit Gott

Am 24. Juli habe ich meine Konfirmation gefeiert, etwas verspätet, sechs Jahre um genau zu sein. Ich bin nun zwanzig und keine vierzehn mehr. In meinem Jahrgang 2010 bin ich nicht mitgegangen und zwar aus Überzeugung, obwohl ich die eineinhalb Jahre Konfirmationsunterricht mitgemacht hatte.

Damals wollte ich mich nicht konfirmieren lassen und das Versprechen der Bestätigung, im christlichen Glauben zu leben, nicht geben. Ich glaubte nicht an Gott, meine Bibel stand neben den Märchenbüchern der Gebrüder Grimm. Ein altes Buch voll mit Geschichten, um die Menschen zu leiten. Weiterlesen

Sieh, dein König kommt zu dir

Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütigt und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin. (Sacharja 9,9)

Vor kurzem traf ich in Steele zufällig die Mutter eines ehemaligen Konfirmanden wieder. Wir kamen ins Gespräch, und sie erzählte mir:

„Ich war schon lange nicht mehr in der Kirche, viele Jahre nicht. Als ich letzten Donnerstag an der Friedenskirche vorbeikam, ich weiß nicht warum, schaute ich, ob die Tür offen war. Sie war offen und ich ging hinein. Es war ruhig in der Kirche. An den Wänden hingen Bilder einer Kunstausstellung. Außer mir sah ich nur noch zwei Leute. Ich setzte mich in eine Bank. Die Ruhe tat mir gut. Ganz unterschiedliche Gedanken gingen mir durch den Kopf. Weiterlesen

Der Glaube an Gott braucht Gespräch, Begegnung und Erproben

Erbarmt euch derer, die zweifeln. (Judas 22)

Dieser Vers ist dem Judasbrief entnommen, der wahrscheinlich im 2. Jahrhundert nach Christus in einer christlichen Gemeinde im Nahen Osten verfasst worden ist. Er ist eine Kampfschrift gegen Irrlehrer, die in der jungen Gemeinde oder in ihrem Umfeld auftauchten. Es gibt viele Vermutungen, um welche Irrlehrer oder besser welche andere Richtung des jungen Christentums oder verwandte religiöse Strömungen es sich gehandelt haben kann. In der theologischen Literatur halten sich die wildesten Spekulationen.
Wer den kurzen Brief im Neuen Testament liest, merkt schnell: Er ist selbst in seinem Ton beleidigend und in seinen Argumenten nicht sonderlich innovativ.
Aber seine Ausgangslage bleibt aktuell. Wie gehe ich mit Andersdenkenden um, mit Menschen, die um Antworten auf ähnliche Fragen ringen? Weiterlesen

Thomas, der glaubt… und zweifelt

Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand an seine Seite lege, kann ich’s nicht glauben. (Johannes 20,25).

Jesus Christus – auferstanden von den Toten, so bekennen wir die Osterbotschaft im Apostolischen Glaubensbekenntnis. Und gleichzeitig übersteigt das unser Verstehen. Über den Tod hinaus zu glauben ist alles andere als leicht. Da kann ich fröhlich singen und doch tief zweifeln. Wie Thomas. Der zweifelt. Auch er hat sich den Glauben nicht leicht gemacht. Ihm geht das, was ihm die befreundeten Jünger erzählen, zu schnell und zu glatt. Thomas sagt, dass er nicht an die Auferstehung des Gekreuzigten glauben wird, bevor er nicht die Finger in die Wunde legen kann. Er will es buchstäblich begreifen, mit den Händen spüren. Er macht einen Schritt nach vorn… und wieder zurück. Er vertraut… und misstraut…
Thomas, der Zweifler, ist in uns oft lebendiger als Jesus der Auferstandene. Denn es ist ja unbestreitbar: Man kann, wie Thomas, Jesus nachfolgen, von seinem Geist ergriffen sein, und trotzdem ratlos vor den Ostergeschichten stehen. Weiterlesen