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Gemeinsam auf dem Weg

Das Reformationsgedenk- und jubiläumsjahr kommt so langsam auf die Zielgerade. Seit dem Reformationsfest im vergangenen Jahr gab es unzählige Veranstaltungen zum Thema Reformation. Auch in unserer Gemeinde gab es Gottesdienste, Diskussionen, Ausstellungen und andere Veranstaltungen. Mich persönlich hat am meisten der Gottesdienst mit dem Bischof der Altkatholiken in Deutschland, Dr. Matthias Ring, beeindruckt. Ich stand mit einem katholischen Bischof am Altar unserer Gnadenkirche, und wir haben gemeinsam Abendmahl gefeiert.

Doch was wird bleiben nach dem 31. Oktober in diesem Jahr? Heute fragt man immer nach Nachhaltigkeit. Was ist nachhaltig an diesem Jubiläumsjahr 500 Jahre Reformation? Was bleibt, und welche Impulse gehen von diesem Jahr aus?

Mir hat es sehr gut gefallen, dass gerade in der Römisch-Katholischen Kirche das Thema Reformation immer wieder aufgegriffen und positiv bewertet wurde. Dabei sind auch ganz neue ökumenische Akzente gesetzt worden. In seiner Predigt in der Gnadenkirche ermunterte der Essener Weihbischof Wilhelm Zimmermann zu mehr ökumenischem Miteinander und betonte, dass die Kirche ohne Ökumene heute einfach nicht mehr denkbar sei. Wer hätte es vor sechzig Jahren gedacht, dass ein katholischer Bischof einmal solche Worte sprechen würde.

Ökumene ist sicher ein solch nachhaltiger Impuls, der vom Reformationsgedenkjahr bleiben wird. Doch auch für unser evangelisches Selbstverständnis kann es neue Impulse geben. Sicher treffen heute die meisten Verwerfungen der Reformationszeit nicht mehr zu. „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit.“ hat die Evangelische Kirche im Rheinland ihr Motto für das Jubiläumsjahr genannt. Sie hat sich dabei an Worte von Hanns Dieter Hüsch angelehnt. Auch wenn die Worte für mich etwas putzig klingen, nennen sie drei gute Stichworte:

1. Wir sind erlöst. Das ist die grundlegende Erkenntnis der Reformation. Wir müssen uns nicht selbst erlösen. Das hat Jesus Christus für uns getan.

2. Und weil er uns erlöst hat, sind wir befreit. Freiheit ist ein großes Wort der Reformation. Wir brauchen keine priesterliche Vermittlung zu Gott hin, sondern haben direkten Zugang zu ihm. Niemand versperrt uns den Weg zu Gott.

3. Und weil das so ist, dürfen wir vergnügt durchs Leben gehen. Wir dürfen freudige Menschen sein. Wir dürfen uns unseres Lebens freuen – eben weil wir erlöst und befreit sind.

Wenn wir uns dessen gewiss sind, würde das Reformationsgedenkjahr schon nachhaltig wirken: ich kann vergnügt durchs Leben gehen, weil Gott mich erlöst und befreit hat. Wenn andere Menschen uns dann fragen: „Warum bist du so vergnügt?“, können wir antworten: „Weil Gott uns erlöst und befreit hat.“ Was würde das für Gespräche geben! Mal über unseren Glauben mit anderen Menschen zu sprechen.

Gemeinsam haben sich am 30. September Christenmenschen aus unserer Gemeinde mit denen aus der katholischen Großgemeinde St. Josef und aus der evangelischen Gemeinde Bedingrade-Schönebeck auf den Weg nach Essen-Werden gemacht. Dort ist seit mehr als 1200 Jahren das Grab des heiligen Liudger. Jetzt sage mir niemand: der ist doch katholisch. Als Liudger 809 starb, gab es noch kein evangelisch oder katholisch. Aber er hat den christlichen Glauben in unsere Region gebracht. Er hat missioniert in der Liebe Christi und nicht – wie es damals üblich war – nach dem Motto: entweder du lässt dich taufen oder du wirst getötet. Er ist uns allen ein Vorbild im Glauben.

Und deshalb machten wir uns auf den Weg nach Werden, zu Fuß, auf dem Fahrrad oder mit dem Bus kamen wir ins Gespräch „Sag mal, was glaubst du denn? Bist du auch so vergnügt, weil du erlöst und befreit bist?“

Wir konnten uns von unserem Glauben erzählen und von unseren Zweifeln. Wir durften unsere Fragen stellen, und wir konnten uns Antworten geben. Wir haben miteinander geredet und geschwiegen. Aber wir sind gemeinsam auf dem Weg gewesen.

Wenn das bliebe vom Reformationsgedenk- und jubiläumsjahr, das wäre doch etwas: wir sind gemeinsam auf dem Weg. Machen Sie sich mit auf den Weg, kommen wir miteinander ins Gespräch. Ich bin dabei.

Fritz Pahlke