Zum Holocaust-Gedenktag

Ich stand auf dem S-Bahnhof und wartete auf den Zug. Ein Stück entfernt von mir, ein Jugendlicher, 15 oder 16 Jahre alt. Er sprach mit einem Freund am Handy. Wortfetzen drangen an mein Ohr. Er begann zu schimpfen: „Die alte Judensau, wenn ich die erwische…“ Ich schaute unwillkürlich zu ihm hinüber. Was hatte er gesagt? Bevor ich reagieren konnte, kam der Zug und er war weg.

Die Äußerung ging mir noch einige Zeit nach: Weiß er, was er da gesagt hat? Ich vermute nicht. „Judensau“ benutzt er als eines seiner Schimpfworte. Gedankenlos, rücksichtslos daher gesagt, ohne ein Gefühl dafür, welche Auswirkungen das haben kann – vielleicht sogar auf jüdische Mitmenschen, die zufällig auch auf dem Bahnsteig stehen. Weiterlesen

Babyn Jar – Auschwitz: Vier Bildbeschreibungen

Am 27. Januar ist Holocaust-Gedenktag. Vor nunmehr 75 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz von russischen Truppen befreit. Ein Tag um innezuhalten, um zu beten, aber auch um zu handeln, damit das „Nie wieder“, das auf dem Denkmal des KZ Dachau in großen Lettern und in verschiedenen Sprachen steht, keine leere Forderung bleibt. Im Umfeld des Gedenktages finden wieder viele Veranstaltungen statt – auch in Essen.

Vom 19. Januar bis zum 2. Februar ist in der Stephanuskirche in Essen-Überruhr und auf dem Gelände rund um die Kirche die ungewöhnliche Fotoausstellung „Orte der Erinnerung“ zu sehen. Ich zeige dort Fotos aus Babyn Jar und aus Auschwitz. Mir geht es nicht um die reine Abbildung der Realität. Ich ging schmerzhaft nah an meine Motive heran. Ich wollte nicht zeigen, was wir alle längst kennen und doch nicht begreifen können. Oft sind es die Details (der Geschichte), die die Augen öffnen. Weiterlesen