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Dank des Heiligen Geistes verbunden

Und ich will den Vater bitten und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit. (Johannes 14,16)

Wie können wir mit jemanden im Kontakt bleiben, der nicht mehr erreichbar sein wird? Mit jemanden, der uns verlässt und an einen Ort geht, wo es keine Post, kein Telefon, kein Internet, keinen Satellitenempfang gibt und zu dem wir keinen Zugang erhalten? In unserer heutigen Zeit ist ein solches Szenario fast unvorstellbar, vielleicht noch, weil ein Mensch untertaucht – oder wir denken an unsere Toten, die wir auch nicht erreichen können.

Wenn ein Mensch uns verlässt, bleiben uns aber Gefühle, Erinnerungen, das, was wir von ihm gelernt haben und er uns mitgegeben hat. Es bleiben Fotos, Gegenstände. Wir kennen die Idee, sich Menschen über den Tod hinaus verpflichtet zu fühlen. Wir kennen Formulierungen wie „das kann ich nicht tun, das hätte Mutter nicht gewollt“. Manche kennen es aus dem eigenen Empfinden und Erfahren. Wir wissen um die Erfahrung, sich Verstorbenen ganz nah fühlen. Und wenn wir selbst die Erfahrung bisher nicht gemacht haben, kennen wir vielleicht Menschen, denen es so geht. Die das Gefühl haben, mit den Verstorbenen sprechen zu können – dass sie zuhören, als Engel über einen wachen, vielleicht gar einen Rat geben.

Vor gut 2000 Jahren verabschiedete sich Jesus Christus von seinen Jüngern und Jüngerinnen – und zwar 40 Tage nach dem Wunder der Auferstehung endgültig: er kehrt endgültig zu seinem Vater im Himmel zurück. War es den Jüngerinnen und Jüngern möglich in Jesus Gott selbst zu begegnen – so endete diese direkte Begegnung nun. Er kündigte dies seinen Jüngerinnen und Jüngern an, zugleich aber versprach er ihnen, dass sie mit ihm und seinem Vater, dass sie mit Gott in direktem Kontakt bleiben würden und zwar durch den Heiligen Geist.

Was Jesus vom Heiligen Geist erzählt, klingt zunächst einmal gar nicht so anders als unsere üblichen menschlichen Möglichkeiten, sich weiterhin jenen verbunden zu fühlen, die wir nicht mehr erreichen können: „Er wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe“ (Johannes 14,26).

Über das hinaus, was Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern mit auf den Weg gegeben hat, gibt es nichts zu sagen, darum sorgt der Heilige Geist für Kontinuität und ruft Jesu Worte und Taten in Erinnerung. Der Heilige Geist soll den Jüngerinnen und Jüngern helfen, weiter nach dem Vorbild und in der Nachfolge Jesu zu leben – auch wenn er nicht mehr bei ihnen ist. Ob sie weiter nach dem Vorbild und in der Nachfolge Jesu leben, können die Jüngerinnen und Jünger daran erkennen, ob sie sich an die Worte Jesu halten: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen“ (Johannes 14,23).

Das ist keine Belohnung für gute Taten. Sondern: die guten Taten folgen daraus, dass man vom Wort Gottes – welches der Sohn, also Jesus ist – ergriffen wird. Gottes Handeln an uns kommt zuerst, er macht uns frei zur Liebe. Das ist gute klassische christliche Theologie und wird besonders im Evangelischen hochgehalten: Gottes Handeln an uns lässt uns handeln. Und das ist auch logisch: wir können schließlich nicht beschließen, zu glauben oder zu lieben. Glauben und Liebe sind Mächte, die uns erfassen. Nach denen wir uns sehnen, die wir aber nicht erzwingen können.

Es geht also darum, dass wir, wenn wir nach Jesu Vorbild handeln, von der Liebe und vom Glauben ergriffen sind. Und wenn dem so ist, dann sind wir auch dank des Heiligen Geistes im Kontakt mit Gott dem Vater und dem Sohn. So wichtig es ist, sich dessen immer bewusst zu sein: Gott handelt an uns, nicht wir bewegen Gott zu handeln, so ist es doch ein eingängiger und sinnvoller Gedanke, sich daran zu erinnern, dass Christ sein nicht nur bedeutet, unter der Zusage der Liebe Gottes zu leben, sondern auch den Anspruch hat, selbst Liebe zu leben.

Die Welt hat schon längst gemerkt, was auch wir selbst längst wissen: vieles, was mit dem Etikett „Christ“, „christlich“ auftritt, lässt wenig von der Liebe erkennen, die von uns Christen gerne und ja auch zu Recht gepredigt wird. Immer wieder merke ich ja auch selbst, dass ich nicht so handle, wie ich es als richtig erkannt habe. Und mir fallen ja auch immer wieder gute Gründe ein, warum ich anders handle. Manchmal gestehe ich ganz freimütig, dass es mir zu anstrengend scheint, gegen den Strich geht oder einfach auch egal ist. Manchmal versuche ich es zu rechtfertigen. Und das ist menschlich und ganz normal. Schon die ersten Christen kannten die Erfahrung, dass nicht all ihr Handeln und Tun von der Liebe geprägt ist, und vermutlich werden auch die letzten Christen diese Erfahrung machen.

Doch gerade auch in dieser Not ist der Heilige Geist unser Beistand und Fürsprecher. Er erinnert uns daran, dass wir uns Gottes Liebe nicht verdienen müssen, sondern wir als Gottes Kinder von ihm geliebt sind. Er verwirft uns nicht um unserer fehlenden Liebe willen, sondern tritt selbst für uns ein, damit wir frei sind zu lieben: ihn, unsere Mitmenschen und uns selbst.

Und so soll uns nichts abhalten, da wo wir es selbst ändern können, uns zur Liebe hinzuändern. Und dort, wo es uns nicht gelingen will, es im Gebet vor Gott zu bringen. Wenn er in unser Leben kommt, merken wir es. Wer glaubt, darf dieses immer wieder erleben – und der ist gewiss, dass das Versprechen der Taufe: Und siehe ich bei euch alle Tage bis an der Welt Ende, gilt. Mögen wir damit gesegnet sein.

Martin Keßler