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Tage unendlicher Liebe

Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden. (Matthäus 26,26-28)

Wie oft haben wir diese Worte gehört. Bei jedem Abendmahl verbinden sie uns in besonderer Weise, ganz besonders an Gründonnerstag. Bei seinem letzten Mahl mit den Jüngerinnen und Jüngern hat Jesus einen Raum geöffnet für die Gemeinschaft, einen geschützten Raum. Er schenkt uns die immer wieder zu vollziehende Erinnerung an ihn und sein Leben, er schenkt uns die Gemeinschaft des Teilens und Nähe, er schenkt uns Vergebung und Versöhnung mit anderen, mit Gott und mit uns selbst.

Und auch, wenn wir es in diesem Jahr nicht in der vertrauten Weise feiern können, bleibt es gültig für unser Leben, für unser tägliches Erleben. Setzen wir uns in Gedanken an seinen Tisch und lassen wir seine Kraft und seine Nähe in uns wirken, um gestärkt in die Zukunft zu gehen. Denn wir brauchen die Kraft für den Karfreitag, den dunkelsten und schmerzvollsten Tag im Leben Jesu.

Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken, mich in das Meer der Liebe zu versenken, die dich bewog, von aller Schuld des Bösen uns zu erlösen.

Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Matthäus 27,46)

Wir denken an Jesu Tod am Kreuz, wir haben Bilder dieses Grauens vor Augen. Die Brutalität der Geißelung und der Folter, die schrecklichen Qualen auf dem Weg vor die Stadt und schließlich das qualvolle Sterben am Kreuz.

Wir müssen hinsehen und wir sehen in Jesus am Kreuz all die Menschen, die Opfer sind: von Gewalt und Grausamkeit, von Krankheit und Schmerz, von Trauer und Verzweiflung. Unbegreifliches ist damals geschehen an menschlicher Bosheit und mehr noch an göttlicher Liebe.

Karfreitag – ein Tag des Schmerzes mitten in einer betriebsamen Welt, die keinen Schmerz mehr kennen will, die aber gerade jetzt in Angst und Schmerz gefangen ist.

Karfreitag – ein Tag unendlicher Liebe, Jesus ist diesen Weg ans Kreuz gegangen, er teilt menschliches Leid. Er versteht unsere Fragen, hört unsere Klagen, stellt sich neben uns. Damit die Hoffnung siegt, damit das Leben siegt. Denn wir ahnen schon das Licht von Ostern, Fest der Auferstehung, Fest des Lebens, Fest der Freude.

Wir beten:

Jesus,
du bist den Weg ans Kreuz gegangen, den Weg des Leidens und des bitteren Sterbens, um für uns da zu sein. Lass uns darauf vertrauen, dass wir auch da – wo wir uns verlassen fühlen, nicht verlassen sind, dass wir auch da – wo wir Leid erfahren, uns durch dich getragen wissen, dass wir auch da – wo wir unsere Grenzen spüren, durch dich die Hoffnung haben, dass du uns hilfst.
Lass uns deine Kraft spüren, lass uns Menschen sein, die anderen beistehen in ihrer Not, die nicht zulassen, dass jemand alleingelassen ist. Gib uns die Kraft, andere zu begleiten, wenn ihr Weg schwer wird, sie zu trösten, ihnen Mut zu machen.
Lass uns Menschen sein, die gegen den gewaltsamen Tod protestieren, wo immer er uns begegnet.
Gott, schenke uns Kraft, Mut und Hoffnung, die eigene Aufgabe zu erkennen und wahrzunehmen.
Amen.

Marianne Golitz