St. Georg in Köln: ein Kreuzwegmosaik. Goldener Krug und goldene Platte auf quadratischem, rot-grauem Tisch mit Kreuzen. Gold war im Mittelalter die Farbe des Himmels. Will sagen: In Krug und Platte ist uns Himmlisches vor Augen – auf dem Hintergrund ganz vieler Kreuze. Das Letzte Abendmahl wird dargestellt – das Letzte, das eigentlich das erste ist. Ein Krug ersetzt den Kelch; er deutet auf die Menge des Heiligen Blutes hin: genug „für viele“, für die es „als Lösegeld“ vergossen wurde. Einfach himmlisch, dass im Mahl Christus: der Kranke gesund machte, Sünder heilte und Beziehungen wiederherstellte, die aus nachvollziehbaren Gründen abgebrochen worden waren – aus Ekel, Unsicherheit, Selbstschutz etwa!
Sie mutmaßen, dass ich von den Aussätzigen spreche – ja, das tue ich, aber nicht nur von den offensichtlich Leprösen, sondern auch von den Aussätzigen im übertragenen Sinne: den Sündern. Sprachlich meint das Wort „Sünder“ Ausgesonderte – mit denen einerseits Kontakt unangenehm ist und die sich andererseits der Gemeinschaft entziehen.
Sünde als Unverhältnismäßigkeit und Beziehungsdefizit, deren Täter wie Opfer wir sind – die beiden Rollen, aus denen Leib und Blut Christi erlösen: indem sie Zuspruch und Trost dem Opfer schenken – und dem Täter ein anderes Handeln. Denn die Kreuze könnten auch von den Goldgefäßen ausgehen. Das würde bedeuten, dass innige Verbindung mit Gott wie im Abendmahl auf einen Kreuzweg schicken würde; der Hebräerbrief weiß: „Andere … sind gesteinigt, zersägt, durchs Schwert getötet worden … sie haben Mangel, Bedrängnis, Misshandlung erduldet.“
Petrus würde nicken, der ja wohl als lebendige Fackel bei der Gartenparty Neros verbrannte. Und Stephanus singt dazu: „Siehe, ich sehe den Himmel offen stehen.“ Glaube, der Mehrwert übers Sichtbare schenkt, dadurch Angst nimmt und aus tiefstem Herzen lächelt. „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ ist nicht Kadavergehorsam, sondern Liebe. Unbedingte.
Gott verbindet, was Leben zum Kreuz macht, mit dem Besten – Gold – und vermittelt Erfüllung, die man selbstbestimmt nicht hinkriegt: Seligkeit, ewige. Nein, das Leben wird nicht weggeworfen, es wird in seiner Lebensbedeutung begrenzt – Bonhoeffer ist der gängigste zeitgenössische Beleg dafür, wie verhindertes Glück Segenskraft hat.
Dieser Aspekt entspricht der Passahtradition des Abendmahles: Aufbruch aus entmenschlichenden Verhältnissen in ein Land, in dem Milch und Honig fließt: erfüllende Fülle mit Lust und Lebenssättigung. Dazwischen freilich Wüste: Hunger, Durst, Kämpfe, sengende Sonne, schneidende Kälte und nicht zuletzt Ungewissheit, was der kommende Tag bringen wird. Brot und Wein streicheln – und stupsen an (noch mal mit dem Hebräerbrief): „Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist.“ Mit begeisterndem Charme – wie die genannten Pit, Steffl und Ditti vorgelebt haben.
Jetzt drehen wir mal Paulus um: Nicht „Ist jemand in Christus“, sondern „ist Christus (mit seinem Leib und Blut) in jemandem“, „so ist er eine neue Kreatur.“ Ich bin geneigt, das Schluss-Amen zu ersetzen durch: Guten Appetit!
Michael Heering