Christus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes. Als sein Sohn steht er über der ganzen Schöpfung und war selbst schon längst vor ihr da. (Kolosser 1,15)
Lassen Sie diesen Vers einen Moment auf sich wirken. Vielleicht ahnen Sie, dass er nicht so einfach dahin geschrieben worden ist. Dieser Vers aus dem Kolosserbrief leitet einen Hymnus ein, indem beschrieben ist, wer Jesus war und wer er für uns sein kann. Die Worte sind überschwänglich. Sie setzen gedanklich Himmel und Erde in Bewegung, um zu beschreiben, welch zentrale Stellung Jesus für Menschen einnimmt, die ihm vertrauen und glauben. Sogar bei Erschaffung der Erde waren Liebe und Hingabe Jesu Christi schon zugegen.
Die Verse 15 bis 20 des Briefes sind höchstwahrscheinlich ein Bekenntnislied der ersten christlichen Gemeinden. Hymnisch werden einige Grundinhalte unseres Glaubens besungen. Hier wird keine Zusammenstellung dogmatischer Lehrsätze präsentiert, sondern ein Lied angestimmt. Gönnen Sie sich die Freude, Verse des Liedes in Ihrer Bibel zuhause im Zusammenhang zu lesen. Aber auch der erste Satz hat es in sich. Auf ihn will ich mich jetzt konzentrieren.
Wenn Sie diese Zeilen lesen, ist das Osterfest vorüber. Wir haben die Auferstehung Jesu als großes Hoffnungszeichen für uns und andere gefeiert. Der Hymnus aus dem Kolosserbrief feiert diese neue Hoffnung ebenfalls. Warum ist der Jubel so überschwänglich? Gott ist unsichtbar. Wie kann ich mir Gott vorstellen? Ist er grausam und schrecklich? Ist er wie ein Geheimdienst, der alle bespitzelt? Will er Streit und Krieg, damit nur die Stärksten übrigbleiben und vermeidliche Untermenschen untergepflügt werden? Sind nur die Eliten wichtig? Sind nur gesunde und fitte Menschen wertvoll in Gottes Augen?
Diese Fragen werden durchaus unterschiedlich beantwortet – manchmal offen, manchmal im persönlichen Lebensstil – mehr unterschwellig. Genauso stark leiden wir an der Unsichtbarkeit Gottes. Wo ist Gott, wenn es mir schlecht geht? Gibt es Gott, wenn alles beliebig zu sein scheint? Wo ist Gott, wenn Gewalt und Korruption das Sagen haben? Lohnt es sich der Einsatz für Frieden oder Klimaschutz? Was ist mit der Gerechtigkeit, wenn aller Einsatz verpufft?
Der Hymnus behauptet, dass wir Klarheit bekommen, wenn wir auf Jesus sehen. Predigt, Programm und Praxis Jesu machen deutlich, wie Gott zu uns steht und was ihm wichtig ist. Durch ihn wird deutlich, wie sehr Jesus – und damit Gott – der Frieden am Herzen liegt und die Verständigung von Menschen aller Völker. Denn Menschen aller Völker und Nationen sind Gottes geliebten Geschöpfe. Die Frage nach Gerechtigkeit wird beantwortet. All der Einsatz im Sinne Jesu ist nicht vergeblich, sondern genau das, was Gott wichtig ist.
Gerade die Karwoche und die Osterzeit weisen auf einen besonderen Akzent dieses Monatsspruchs für April hin. Karfreitag ist zunächst das Ende, das Scheitern und der Sieg der Gewalt und der Ungerechtigkeit. Durch Ostern werden Predigt, Programm und Praxis Jesu durch Gott beglaubigt. Das Hoffnungszeichen der Auferstehung schreibt jedem unserer heutigen Schritte in Richtung Frieden, Gerechtigkeit und Liebe ins Stammbuch, dass es in Gottes Augen keine vergeblichen und bedeutungslosen Schritte sind. Gott und Jesus befürworten sie und sehen sie. Gibt es ein besseres Publikum für unsere Lebenspraxis?
Lassen Sie sich von der Hoffnung, die Jesus und Gott schenken, inspirieren und mitreißen!
Joachim Greifenberg