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Fluchtgeschichte mit Happy End

Wo Du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und Dein Gott ist mein Gott. (Rut 1,16)

Vielleicht haben Sie diese Sätze schon einmal gehört. Bis heute wählen Paare sie gerne als Trauspruch. Dabei erzählt diese Geschichte von einer jungen Frau, die ihrer Schwiegermutter verspricht, auf einem schweren Weg bei ihr zu bleiben. Es geht um Vertrauen und Hoffnung, um Handeln und Aushalten.

Vor sehr langer Zeit, als eine Hungersnot über das Land Juda hereinbrach, beschloss Elimelech, ein junger Mann aus Bethlehem, seine Heimat gemeinsam mit seiner Ehefrau Noomi und den beiden Söhnen Machlon und Kiljon zu verlassen. Anders sah er keine Chance zu überleben. Ein Grund, der bis heute so viele Menschen in die Flucht treibt aus purer Verzweiflung.

Die junge Familie hat Glück. Obwohl sie im sogenannten Land der Moabiter ankommen, zu dem es große Spannungen gab, werden sie freundlich aufgenommen. Als der Mann überraschend stirbt, versorgen die beiden Söhne ihre Mutter gemeinsam mit ihren Frauen, die sie hier im Moabiterland gefunden haben.

Noomi findet Trost und kann aushalten.

Aber nach zehn Jahren erfährt sie neues Leid. Ihre Söhne sterben kurz hintereinander. Zu der Trauer kommen erneut Existenzsorgen hinzu. Wovon sollen sie leben, waren doch zur damaligen Zeit fast ausschließlich die Männer für die Sicherung des Lebensunterhaltes zuständig? Noomi sieht keinen anderen Weg, als erneut aufzubrechen, zurück nach Hause, nach Bethlehem. Verwandte werden sie dort finanziell unterstützen, so hofft sie.

Natürlich wollen ihre Schwiegertöchter sie begleiten, sie nicht im Stich lassen. Jede will für die andere da sein, jede fühlt sich verantwortlich für die jeweils andere. Gelebte Solidarität – unabhängig davon, wo man ist, woher man kommt. Jede möchte, dass es der jeweils anderen gut geht.

Am Ende wird eine zurückbleiben, was völlig in Ordnung ist. Die andere, Rut, ist bereit, an der Seite ihrer Schwiegermutter das Neue zu wagen, mitzugehen in ein unbekanntes Land und dabei beteuert sie ihr gegenüber:

Wo Du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und Dein Gott ist mein Gott. (Rut 1,16)

Die Geschichte wird ein gutes Ende nehmen. Denn die Moabiterin Rut wird in der Heimat ihrer Schwiegermutter gut aufgenommen. Sie findet dort sogar noch einmal ihr Glück, wird zum zweiten Mal heiraten und endlich auch ein Kind bekommen. Sie, die Moabiterin, ist die Urgroßmutter des für die Geschichte des Volkes Israel so wichtigen Königs David – und damit zugleich eine direkte Vorfahrin Jesu.

Mut und Solidarität zeichnen diese Frauen aus. Hier wird der Satz: „Geteiltes Leid ist halbes Leid!“, gelebt, dabei werden Grenzen überwunden und Vorurteilen keinen Raum gegeben. Alle Schicksalsschläge haben ihre innere Freiheit nicht zerstören können. Und das für mich Faszinierendste ist, dass auch Gott in diese Freiheit mit einbezogen wird: Dein Gott ist mein Gott…

Was wäre, wenn wir uns von dieser Freiheit nur ein klein wenig anstecken ließen? Gerade in diesen Zeiten, die weiterhin schwer und bedrohlich sind und Angst machen. Gerade jetzt solidarisch sein mit den besonders Leidenden, mit den Menschen in Seniorenheimen und Krankenhäusern, mit denen die auf der Flucht sind und denen in den überfüllten Flüchtlingslagern…

Wie auch immer diese Solidarität aussehen mag, das mag jede*r für sich selbst herausfinden. Für mich gehört neben allen Möglichkeiten auf jeden Fall dazu, sich an die Regeln zu halten, die unserem Schutz dienen, Masken zu tragen und sich impfen zu lassen.

In allem wünsche ich uns, immer wieder von Gottes großzügiger Liebe berührt zu werden, die keine Grenzen kennt und weltumspannend ist.

Wir beten:

Wir stehen vor dir, Gott, so wie wir sind. Jede und jeder mit einer eigenen Geschichte. Mit Erinnerungen an gestern und Wünschen für morgen. Ängstlich, besorgt, dankbar und zufrieden. Alles, was wir mitgebracht haben, legen wir in deine Hände.

Wir bitten Dich: Schenke uns Mut und Hoffnung. Stärke alle Menschen auf der ganzen Welt, dass sie in Frieden und Freiheit leben können. Amen.

Sabine Grüneklee-Herrmann