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Warum ich Ostersteine auslege

Vor etlichen Jahren hatte mein Sohn die Idee, sein Taschengeld aufzubessern. Er malte Steine an. Dann wurde eine kleine Decke ausgebreitet, eine Kiste aufgestellt vor dem Supermarkt um die Ecke. Und da es kurz vor Ostern war, sagte er: „Ich verkaufe Ostersteine.“ Der Verkauf lief gut. Ich habe damals natürlich auch zwei Steine gekauft.

Vergangenes Jahr – in der Corona-Zeit – sind mir die bemalten Steine wieder begegnet. Eines Morgens fand ich in dem kleinen Waldstück bei uns in der Nähe einen – zwischen den Wurzeln eines Baumes. Das fand ich sehr schön und besonders. Auch ein wenig geheimnisvoll. Ich habe den Stein seitdem aufgehoben.

Eigentlich sind Steine für mich mit dem Schweren und Mühsamen verbunden. Jahrelang hatten wir in der Kinderkirche das Ritual: für das Schlimme und Traurige, das an dem Tag passiert war, legten die Kinder und auch die Erwachsenen einen Stein neben die Kerze: Streit mit dem besten Freund, das aufgeschlagene Knie, dass Oma und Opa krank sind. Steine für all das, was schwer auf dem Herzen oder im Magen liegt.

Der Stein gehört zu Karfreitag. Hart und leblos. Er erinnert an das Grab Jesu – das verschlossen ist mit diesem großen Stein. Das Leben ist vorbei. Da ist nur noch Schmerz, Hoffnungslosigkeit, Ratlosigkeit.

Aber als die Frauen am Morgen des ersten Tages der Woche zum Grab kommen – ist der Stein weggerollt. An Ostern macht der Stein selbst eine Verwandlung durch. Und wird so zum Träger der Botschaft. Gottes Kraft weckt aus dem Tod zum Leben. Sie bewegt. Öffnet Sackgassen zum Leben. Der Stein kann weggerollt werden. Auch an den Gräbern unseres Lebens kann sich etwas verändern. Und noch etwas lässt sich zu Steinen in der Bibel entdecken: Wir alle werden als lebendige Steine angesprochen.

Wir können vielleicht nicht den ganz großen Brocken vom Grab weggrollen – das müssen wir den Engeln überlassen – aber wir können füreinander solch kleine, schöne und geheimnisvolle Steine der Hoffnung werden.

Ich habe also dieses Jahr einige Steine angemalt – und ausgelegt. Wissend, dass sie jemand findet und sich daran freut. Kleine Wegzeichen der Zuversicht. Stolpersteine der Hoffnung. Die mich daran erinnern: An Ostern wurde der Stein vom Grab weggerollt. Gott ist die Kraft zum Leben.

Silke Althaus