Dieser Beitrag wurde 290 mal aufgerufen

Plädoyer für die Fahrradtour

Auch in diesem Jahr machen wir wieder eine Fahrradtour im Urlaub – wie schon letztes Jahr und das Jahr davor und davor… Es ist einfach unsere Lieblings-Urlaubsform: unterwegs sein, in Bewegung sein – nicht zu schnell, nicht zu langsam – das Fahrradtempo ist genau richtig; draußen sein – sehen, hören, riechen; in Kontakt sein – mit der Natur und mit anderen RadlerInnen.

Wie damals, als uns ein Regenguss überraschte. Abwarten, im Bus-Häuschen irgendwo im Nirgendwo – zusammen mit zwei anderen Fahrrad-Tourenden, die genau in die andere Richtung unterwegs waren. Miteinander ins Gespräch kommen über den Weg und das Radeln allgemein, Tipps austauschen, Pausen-Orte empfehlen und unbedingt Sehenswertes. Schnell ist Nähe da. Unterwegs-Sein verbindet.

Unterwegs-Geschichten – die Bibel ist voll davon, von Anfang an: Noah, Abraham, Isaak, Jakob und Esau und ihre Frauen, Mose… Sie alle sind unterwegs, brechen auf, rasten, bleiben kurze Zeit und ziehen weiter. Sie begegnen anderen und Gott und vielleicht auch ein Stück weit sich selbst. Eine meiner Lieblings-Unterwegs-Geschichten ist die von Elia am Horeb:

Elia ist auf der Flucht vor der phönizischen Prinzessin Isebel. Sie wollte ihren Mann, den israelischen König Ahab, von seinem Glauben an den Gott Israels abbringen und zu ihrem Glauben an Ba‘al bekehren. Ein heftiger Kampf entbrennt zwischen Isebel und Elia: Sie rottet alle Propheten JHWHs aus, er tötet die Propheten Ba‘als mit dem Schwert.

Jetzt aber ist Elia auf der Flucht vor dem Zorn Isebels, ein weiter Weg nach Be‘erscheba und in die Wüste Juda. Elia kann nicht mehr, alle Kraft ist aufgebraucht, er wünscht sich zu sterben.

Aber Gott lässt ihn nicht, schickt Nahrung und Wasser für neue Kraft, lässt ihn ausruhen, bis er wieder weiterkann. Vierzig Tage geht Elia bis zum Berg Gottes, dem Horeb, findet Unterschlupf in einer Höhle. Und dort begegnet ihm Gott: nicht im Sturm, der Berge zerreißt und Felsen zerbricht, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer, sondern in einem stillen sanften Sausen. Und Gott macht ihm Mut, erinnert ihn an seinen Auftrag und weist ihm den weiteren Weg.

Gott kommt im Leisen – zeigt uns die Geschichte – da kann er uns begegnen. Wie Elia erwarten auch wir vielleicht anderes: einen lauten, mächtigen Gott. Das Leise ist viel schwerer zu erkennen, schwerer wahrzunehmen.

Das Leise ist besser wahrzunehmen, wenn wir selber leise sind: besser auf dem leisen Fahrrad unterwegs sein als im lauten Auto oder gar mit dem Flugzeug. Langsamkeit hilft auch mehr als Schnelligkeit. Wir sehen mehr, entdecken und erkennen mehr.

Auch die Chance auf Begegnung wird größer, ob beim Regenguss im Bus-Häuschen im Urlaub oder auf dem Weg ins Haus der Evangelischen Kirche auf der Fahrradtrasse. Da begegne ich KollegInnen und alten FreundInnen oder komme in Kontakt mit Unbekannten – wie letztens, als mir ein enthusiastischer norwegischer Fahrrad-Urlauber entgegenkam und mich anhielt, weil er seiner Begeisterung Luft machen musste: wie toll doch diese Bahntrassen-Radwege wären und wie er es genieße, als Radler ungestört vom Auto-Verkehr und in schöner Landschaft unterwegs sein zu können. Eine schöne Begegnung, die im Auto nicht geschehen wäre.

Soweit mein Plädoyer für das leise und langsame Unterwegs-Sein. Es gibt dann so viel mehr zu entdecken, zu erleben, zu begegnen!

Monika Kindsgrab

Ein Gedanke zu „Plädoyer für die Fahrradtour

Kommentare sind geschlossen.