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Und Gott gedenkt

So ging Noah heraus mit seinen Söhnen und mit seiner Frau und den Frauen seiner Söhne, dazu alles wilde Getier, alles Vieh, alle Vögel und alles Gewürm, das auf Erden kriecht; das ging aus der Arche, ein jedes mit seinesgleichen. (1. Mose 8,18-19)

Es gibt diese Tage und Situationen, da muss man erst einmal tief Luft holen, sich neu sortieren, um tatsächlich oder im übertragenen Sinne wieder auf die Füße zu kommen. Noah, von dem das Bibelwort erzählt, ging es da nicht anders. Die Katastrophe war unbeschreiblich. Wie soll es nun weiter gehen? Wie findet man jetzt wieder ins Leben?

„Da gedachte Gott an Noah“. Heißt es einige Verse zuvor. Gott gedenkt. Er denkt an die Menschen in der Holzkiste auf dem großen Wasser, die etwas verloren mit den Tieren auf den Wellen tanzt. Gott gedenkt. Fast scheint es, er habe vergessen und müsse sich erst wieder erinnern.

An so manchem Tag und in so manchen Nächten kriecht es eben auch uns an: Hat Gott mich, hat er diese Welt vergessen? Und das wollen wir nicht gelten lassen. Das wollen wir nicht wahrhaben. Wie bei Hiob, der sein Unverständnis, seine Enttäuschung, seine Traurigkeit Gott praktisch vor die Füße wirft – und gerade so mit ihm im Gespräch bleibt.

Aber Gott gedenkt. Die Arche findet plötzlich wieder Halt. Jetzt verlassen sie die Arche. Erst Noah und seine Familie, dann die Tiere. Sie setzen vorsichtig einen Schritt vor den anderen. Noch behutsam, langsam, bedächtig. Der letzte Zweifel braucht auch seinen Raum. Er diskutiert nicht lange, sondern nimmt sich einfach, was er kriegen kann. Und er macht sich nicht selten breiter als er eh schon ist. Dann doch der erste Schritt – und der Boden trägt.

Und jetzt heißt es ‚Danke‘ sagen. So, wie es Noah gewohnt war, opfert er. Wir tun es mittlerweile anderes. Aber uns ist es doch ums Gleiche zu tun, wie einst Noah.

Danke Gott: für den festen Boden unter meinen Füßen, für einen Ort, an dem ich leben kann, für die Menschen um mich herum, für die Bewahrung, für alles Begleiten und Tragen, für alles Nahe-Sein, für die Kraft und den Mut, die langsam wieder zurückkehren, als hätten sie mich niemals verlassen. Für mein Leben. Für die anderen.

Es scheint, als käme wie damals bei Noah unter dem abgetrockneten Erdboden die Welt zum Vorschein, wie sie ist und wie wir sie Tag für Tag erleben: als eine bedrohte, zerbrechliche Welt, die aber dennoch in Gottes Händen ruht und getragen ist. Eine Welt, die in Gottes Hand zur Ruhe kommt. Und zur Ruhe kommen kann. Wie bei Noah.

Und mit ihm eben auch bei uns. Und über allem der Bogen, der eine eindeutige Sprache spricht: die der Hoffnung, die des Segens, die des Lebens. Diese Hoffnung bleibt: Auf eine Welt, in der wir trotz allem und in allem getragen und gehalten sind in der guten Hand Gottes.

Wir beten:

Du, unser Gott, du kommst mitten in unsere Welt und in unser Leben – und veränderst uns. Lass uns daraus leben und die Hoffnung des Regenbogens in diese Welt tragen, damit wir füreinander sind, was du uns zutraust: Botinnen und Boten deines Friedens und deiner Gerechtigkeit. Lass uns füreinander in deinem Namen zum Segen werden. Amen.

Jörg Herrmann