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Tochter Zion

Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir, ja er kommt, der Friedefürst. Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem! (EG 13, Strophe 1)

Mir fehlt das Singen sehr! Wie gerne singe ich die vielen schönen Advents- und Weihnachtslieder in unseren Gottesdiensten. Leider ist das ja momentan nicht erlaubt. Deshalb singe ich sie nur zuhause; alleine, mit meinem Mann – und manchmal auch mit den Söhnen, wenn sie zu Besuch kommen. Dass ich diese Freude nicht mit vielen anderen teilen kann, tut mir weh. Denn diese Freude, die sich in den Texten und Melodien ausdrückt, ist für mich ein großer Schatz auf dem Adventsweg – dem Weg durch unsere Herzen hin zu unserem Gott.

Ein Lied, das ich besonders gerne singe und höre, ist „Tochter Zion“. Es vereint so viel in sich: die Freude über die Geburt Gottes bei den Menschen, aber auch das Erinnern daran, dass Jesus mit einem Auftrag in die Welt gesandt wurde, der sein ganzes Lebens bestimmt hat. Zu Ostern wird es in der Auferstehung seine Vollendung finden.  Die Freude drückt sich besonders in der jubelnden Musik aus. „Freu-heu-heu-heu-heu-he dich“ lässt sich so schön schmettern!

Georg Friedrich Händel hat die Melodie 1747 komponiert. Eigentlich für den Jubelchor nach einer erfolgreichen Schlacht in einer Allegorie über einen britischen Freiheitskämpfer. Dem Theologen Friedrich Heinrich Ranke gefiel sie so gut, dass er 1820 einen neuen Text darauf dichtete. Das Stück machte in Deutschland als Weihnachtslied schnell Furore – bis es durch die Nationalsozialisten verboten wurde.

Hosianna, Davids Sohn, sei gesegnet deinem Volk! Gründe nun dein ewig Reich, Hosianna in der Höh! Hosianna, Davids Sohn, sei gesegnet deinem Volk! (EG 13, Strophe 2)

In dieser und der folgenden Strophe wird allzu deutlich, dass es sich um das Jubeln eines jüdischen Chores handelt. „Hosianna“, das heißt „Hilf doch“ – so jubelten die Menschen beim Einzug Jesu in Jerusalem. Die Geschichte nimmt Bezug auf Verse aus dem Alten Testament:

Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. (Sacharja 9,9)

An diesen Einzug Jesu nach Jerusalem erinnern wir uns an Palmsonntag und beginnen damit die Passionswoche vor Ostern. Im Jubel zur Geburt steckt in diesem Lied schon der Hinweis auf das Ende des irdischen Lebens Jesu und auf die Erwartung und Hoffnung, die sich für uns alle aus seinem Leben, Sterben und seiner Auferstehung ableitet: Ewig steht dein Friedensthron!

Gott kommt auf die Erde, um uns seine Liebe ganz nahe zu bringen, um uns die Angst zu nehmen, selbst vor dem Tod, und  uns die Süße eines Lebens in Frieden und Gerechtigkeit für alle schmecken zu lassen.

Das Verbot konnte dem Lied und der Botschaft nicht schaden! Beides ist heutzutage genauso populär wie vorher. Hosianna – Hilf doch! Ich lasse mich gerne von diesem Jubel anstecken – und wünsche Ihnen, dass die Adventsfreude auch Sie erreicht.

Hosianna, Davids Sohn, sei gegrüßet, König mild! Ewig steht dein Friedensthron, du, des ew‘gen Vaters Kind. Hosianna, Davids Sohn, sei gegrüßet, König mild! (EG 13, Strophe 3)

Wir beten:

Gott, wir bitten dich, dass alle Menschen in den Jubel über deine Geburt einstimmen können, dass alle Menschen deine Hilfe spüren. Stärke die Schwachen, begleite die Einsamen und tröste die Trauernden. Gib denen, die entscheiden, die Weisheit, zu deinem Frieden beizutragen. Hilf uns, dass wir dazu beitragen, dass endlich Friede werde. Wir bitten dich: Hosianna – Hilf doch! Amen.

Helga Siemens-Weibring