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Gottes Nähe verwandelt uns

Als Mose mit den beiden Tafeln den Berg Sinai hinabstieg, wusste er nicht, dass sein Gesicht einen strahlenden Glanz bekommen hatte, während der Herr mit ihm sprach. (2. Mose 34,29)

In einem wunderbaren Film erwacht ein Familienvater mit einer unübersehbaren Veränderung: über seinem Kopf schwebt ein Heiligenschein. Hell. Unübersehbar. Das Problem ist nur, dass er ihn nicht mehr wegbekommt. Alle Tricks helfen nicht: er bleibt und er leuchtet – weithin sichtbar. Nur durch Mützen oder ähnliches kann er verdeckt werden.

Die Leute im Dorf sind alles andere als begeistert und wissen schlecht damit umzugehen. Unser leuchtendes Beispiel gibt zwar alles, um dieses seltsame Licht wieder loszuwerden – aber nutzen tut es leider nichts. Ohne jetzt den ganzen Film erzählen zu wollen, bleibt doch ein Problem: was ist zu tun, wenn hell über einem und unübersehbar für alle ein Licht leuchtet? Und was sagen die Leute dazu?

Ähnlich erging es tatsächlich Mose in unserem Bibelwort: Ein Strahlen ging von ihm aus. Er selbst hat es erst gar nicht bemerkt. Aber das Licht war unübersehbar. Und die Reaktion der Israeliten ist eindeutig: sie wundern sich, sie haben Angst, sie halten tunlichst Abstand. Erst das Wort Mose, der sie anspricht und zu sich ruft, holt sie aus ihrer Erstarrung heraus und lässt sie neuen Mut fassen.

Es begann alles damit, dass Mose und Gott miteinander reden. Je nach Übersetzung spricht einmal Gott, einmal Mose. Und, ja, unser Bibelwort lässt es sprachlich tatsächlich offen, wer hier mit wem geredet hat.

In jüdischer Tradition wird das auch als lebendiges Gespräch zwischen Mose und Gott gewertet, wo offenbar nicht ganz klar ist, wer, wann mit wem. Und das ist schon sehr bemerkenswert: Gott lässt sich offenbar auf lebendige Gespräche ein, auf ein Hin und Her, auf ein Zuhören und Reden, auf ein Geben und Nehmen. Und so ist er nahe. Mose. Dem Volk. Uns heute.

Und aus diesem Gespräch, dieser wunderbaren Begegnung, dieser unbeschreiblichen Nähe Gottes geht Mose den Berg hinunter: in seinen Händen die Tafeln des Bundes. Doch das alles hat ihn verändert. Er ist erfüllt von Gottes Nähe – und strahlt offenbar unübersehbar. Es gab jedenfalls eine unübersehbare Veränderung, die – wie gesagt – erst einmal Erschrecken bei allen Anwesenden ausgelöst hat. Und auch hier kann nur die Vertrautheit zwischen ihnen den Bann brechen. Dann beginnen sie zu erzählen. Mose. Das Volk. Wir.

Und so begeben wir uns gemeinsam auf den Weg, Spuren von Gottes Nähe zu entdecken und weiterzugeben. Spuren dieses Gottes, der sich auch mit uns auf ein lebendiges Gespräch einlassen möchte. Wir können aus dieser Nähe leben. Versuchen können wir es jedenfalls. Ob auch wir dann – in welcher Form auch immer – zu strahlen beginnen, ob auch wir verändert aus dieser Begegnung herauskommen, das wird sich zeigen. Für uns. Und für die anderen.

Es würde schon genügen, wenn wir einander wahrnehmen, uns zuhören, miteinander im Gespräch sind und bleiben und all das als Segen unseres Gottes sehen und verstehen lernen.

Wir beten:

Du, unser Gott, du kommst mit deinem Licht in unsere Welt und veränderst uns. Lass uns daraus leben und dein Licht in diese Welt tragen, damit wir füreinander sind, was du uns zutraust: Botinnen und Boten deines Friedens und deiner Gerechtigkeit. Lass uns füreinander in deinem Namen zum Segen werden. Amen.

Jörg Herrmann