Dieser Beitrag wurde 563 mal aufgerufen

Zeit für Gott, Zeit für dich

Alles hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde. (Prediger 3,1)

Die meisten von Ihnen werden dieses biblische Wort kennen. Die Gesamtpassage, die dieser Vers einleitet, wirbt für ein „carpe diem“ (lat. „Nutze den Tag“) – man solle sich des Schönen freuen, denn das Schwere kommt bestimmt auch. Mancher hat im Leben die Erfahrung machen müssen, dass das Vertagen von Plänen und Wünschen in die Zukunft, dazu führte, dass die Pläne nicht mehr umgesetzt und die Wünsche nicht mehr erfüllt werden konnten.

Wer die Möglichkeit hat, Pläne umzusetzen, sich Wünsche zu erfüllen, der sollte es deshalb tun – was man erlebt hat, was man erzielt hat, kann einem keiner mehr nehmen. Und man sollte auch niemanden die Möglichkeit nehmen, indem man ihm Zeit oder Möglichkeiten raubt. Auch und gerade sich selbst nicht.

Darum ist es legitim und richtig, die eigene Zeit zu verteidigen. Es bedarf des klaren „Nein“, wenn Beruf und/oder Familie einem jede Möglichkeit nehmen, zumindest ein wenig Zeit für sich selbst zu haben. Darum sollte jeder Chef und Vorgesetzte sich bewusst machen, dass er mit dauernden Überstunden (am „Besten“ noch unbezahlt) oder schlechten Arbeitsbedingungen (wo man am Ende nur noch ausgelaugt ist) seine Mitarbeiter ihrer Lebenszeit und Möglichkeiten beraubt. Darum sollte sich jeder, der so ganz selbstverständlich voraussetzt, dass die Familie es schon machen wird und sich anderweitigen Unterstützungsmöglichkeiten verweigert, klar machen, dass er seine „Lieben“ ihrer Lebenszeit und Möglichkeiten beraubt.

Es gibt genug Herausforderungen und Aufgaben im Leben. Das alte Bild des sich selbst aufopfernden Christen und vor allem der sich selbst aufopfernden Christin war schon immer verkehrt, weil einseitig. Gelingende christliche Lebenspraxis aber ist ein komplizierter Balanceakt zwischen Gottesliebe – Nächstenliebe – „Achtsamkeit für sich selbst“. Diese „Achtsamkeit für sich selbst“ muss ihre Zeit haben, denn nur wer auf sich selbst achtet, kann die ihm von Gott gegebenen Möglichkeiten und Fähigkeiten zum Besten aller entfalten.

Diese Balance bedeutet aber halt auch, dass die „Achtsamkeit für sich selbst“ nicht Egoismus bedeutet. Wer ständig unter Verweis auf „Ich muss auch auf mich selbst achten“ jegliche Verantwortung und/oder die Unterstützung anderer scheut, der achtet höchstwahrscheinlich nicht auf sich selbst – denn Verantwortung zu übernehmen, zu helfen und zu unterstützen gehören zur menschlichen Selbstverwirklichung hinzu.

Genauso wie die Zeit für Gott, die nicht einfach Zeit für mich selbst ist, sondern, wenn eine intensive Gottesbeziehung dahintersteht, einen fordert wie eine gute, intensive Freundschaft. In den Bereich der Gottesliebe gehören auch Themen wie „Bewahrung der Schöpfung“, „Frieden und Gerechtigkeit“. Wer Gott liebt, achtet auch seine Schöpfung, wünscht Frieden und Gerechtigkeit für seine Welt.

Das alles braucht seine Zeit. Das alles hat seine Zeit. Manchmal fehlt uns die Zeit. Wenn diese fehlende Zeit chronisch wird, dann gilt es etwas zu ändern, das Gleichgewicht von Gottesliebe – Nächstenliebe – Achtsamkeit für sich selbst auszutarieren. Möge Gott uns allen zu einem solchen Gleichgewicht verhelfen.

Martin Keßler

Ein Gedanke zu „Zeit für Gott, Zeit für dich

  1. Ein sehr verantwortungsvoller Beitrag-danke! Dr.Eckhard Schendel,Essen-Heisingen

Kommentare sind geschlossen.