Dieser Beitrag wurde 477 mal aufgerufen

Mache dich auf!

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt. (Jesaja 60,1)

Was wäre unsere Adventszeit ohne Licht, ohne Kerzen, ohne Gemütlichkeit und Zimtduft? Daran ändert auch der Umstand nichts, dass wir nicht selten durch diese Zeit jagen und hetzen, dass es nur so eine Freude ist und nicht selten frisch Frisiertes neu gerichtet werden muss.

Die oft beschworene Gemütlichkeit samt lichten Momenten gönnen wir uns nur zu selten. ‚Auszeit‘ nennen wir das dann gerne und treffend – für einen Moment, ein paar Stunden oder einen Tag herauszukommen aus allem, was wir so den Alltag nennen – um anschließend genau dort wieder weiterzumachen. Schade, eigentlich.

Schade, würde auch unser Bibelwort sagen. Denn es wäre die Chance, die einmalige Gelegenheit und ein Schnapper noch dazu. Black Friday ist nichts dagegen. Denn unser Wort lebt von der Gewissheit, dass unser Gott tatsächlich kommt, sich aufmacht in unsere Welt und es auch dort hell werden lässt, wo wir manchmal die Hand nicht vor Augen sehen.

Und unser Prophet weiß, wovon er spricht: im Exil – fern allem, was man für unverzichtbar hielt, wuchsen die Träume in den Himmel. Wieder zurück im gelobten Land, war davon wenig zu finden. Brüche, Risse, der Nullpunkt für alle zum Greifen nahe: im Land, in den Häusern, in den Herzen.

Aber unser Gott kommt genau dorthin und macht es hell, schenkt Perspektiven, neue Hoffnung, neue Wege. Mache dich auf, werde licht! Es geht nicht um eine Traumwelt, die hinter Tannenschmuck, Apfel- und Zimtgeruch und Glühweinseligkeit vor unserem geistigen Auge Gestalt gewinnt. Es geht um unsere Welt, unser Leben, unsere Sorgen, unsere Freuden. Und das ist eben nun mal nicht immer bilderbuchreif. Vieles kommt auch oft eher unscheinbar daher. Grautöne statt werbetechnischer Farbigkeit. So ist das nun mal.

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir uns von Zeit zu Zeit auch erst an das Licht gewöhnen – denn es erhellt nicht nur das, was wir gerne sichtbar ins Wohnzimmerfenster stellen, sondern auch das, was wir lieber im Dunkeln lassen. Unser Gott ermutigt und ermuntert uns, auch diese Seiten von uns und dieser Welt in das Licht seiner Hoffnung zu stellen. Weil er uns genauso kennt, weil er uns trotz allem liebt.

Die Zeit des Versteckspielens können wir uns gerne sparen – um Gottes und um unseretwillen. Diese Zeit können wir besser nutzen: beispielsweise für einen Augenblick des Innehaltens, einer kleineren oder größeren Auszeit. Und dann mit einem neuen Blick auf diese Welt und unser Leben und neuem Schwung ans Werk.

Wir dürfen den Schwung des Augenblicks nutzen. Wir dürfen aus dieser Hoffnung leben, die uns durch das Leben tragen will. Wir dürfen licht werden – in der Adventszeit und auch sonst an jedem neuen Tag. Und wenn wir dann das eine oder andere anders machen als zuvor – umso besser.

Wir beten:

Du, unser Gott, kommst in unsere Welt und machst sie hell. Deshalb bitten wir: Dein Licht komme in unsere Welt, wo wir uns in Zeiten der Ruhe aufkommende Aufgaben neu besinnen. Wo uns gute Erinnerungen tragen und große Hoffnungen beflügeln. Dein Licht komme in unsere Welt: wo Menschen in Positionen der Macht Entscheidungen für andere treffen müssen und über Gerechtigkeit, Krieg und Frieden befinden. Amen.

Jörg Herrmann