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Ein Satz, der zur Lebenskraft werden kann

Darum sage ich euch: Macht euch keine Sorgen um euer Leben, ob ihr etwas zu essen oder zu trinken habt, und um euren Leib, ob ihr etwas anzuziehen habt! Das Leben ist mehr als Essen und Trinken, und der Leib mehr als die Kleidung! (Matthäus 6,25)

„Macht euch keine Sorgen!“ Wie oft werden Sie diesen Satz schon gehört oder auch selber gesagt haben. Ich denke, unser Leben ist voll von Situationen, in denen dieser Satz angemessen scheint. Und ich vermute, wir hören und sprechen ihn deshalb so oft, weil viele von uns, ich gehöre leider dazu, sich allzu oft viel zu viele Sorgen machen. Und wenn wir uns gegenseitig diesen Satz so oft zusprechen, dann vermutlich auch, weil wir uns gegenseitig in unserem Sorgen Mut zusprechen wollen.

Auch dann, wenn Eltern nachts auf ihre Kinder warten, wenn man dasitzt und auf einen Anruf wartet, beruhigt man sich gegenseitig: sie werden schon heil wiederkommen, mach dir keine Sorgen. Es wird schon alles gut werden.

Dabei geht eben tatsächlich auch nicht immer alles gut aus. Die Zeitungen, die Nachrichten, sind beinahe täglich voll von solchen Geschichten, die davon erzählen, dass etwas nicht gut ausgegangen ist. Und so wandern in diesen Tagen unsere Gedanken immer wieder auch zum abgebrannten Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos.

„Macht euch keine Sorgen um euer Leben…“ will Jesus uns Mut machen. Aber wie können wir das schaffen, uns keine Sorgen zu machen, wenn um uns herum so vieles Schlimmes geschieht?

„Macht euch keine Sorgen um euer Leben, ob ihr etwas zu essen oder zu trinken habt, und um euren Leib, ob ihr etwas anzuziehen habt!“ Genau um diese elementaren Dinge werden sich die Menschen auf Lesbos doch gerade sicher zurecht Sorgen machen.

Worum geht es Jesus dann? Ich denke, er will unser Augenmerk vor allem darauf richten, dass sich durch das sich Sorgen machen nichts ändert, dass es nichts nützt. Durch das Sorgen machen kann ich keine Gefahr abwenden.

So heißt es weiter: „Wer von euch kann durch Sorgen sein Leben auch nur um einen Tag verlängern?“ Diesen Satz halte ich für sehr wichtig, denn ich ertappe mich manchmal bei dem Gedanken, dass ich mir vorstelle, dass dieses oder jenes passieren könnte, und ich gleichzeitig hoffe, dass genau das nicht eintritt. So als könnte ich Gefahren allein durch mein Sorgen machen abwenden.

Und dabei müssen wir ja auch einsehen, dass wir – Gott sei Dank – nicht alles vorhersehen können, zum Beispiel, wann wir endlich wieder unbeschwert ohne das Virus leben können. Nein, das Sorgen machen nützt nichts, es kann einen nur lähmen und hindern, frei zu leben, weil man sich dann vielleicht vor lauter Sorgen gar nicht mehr aus dem Haus traut.

Stattdessen lädt uns Jesus ein, auf Gott zu vertrauen, denn er sorgt für uns. Und Jesus macht es uns an zwei Beispielen ganz deutlich. Wir sollen uns die Tiere anschauen: Die Vögel, die alles finden, was sie zum Leben brauchen oder die wunderschönen Blumen auf den Feldern, die ihre Schönheit entfalten, ohne sich groß darum kümmern zu müssen. Gott sorgt für sie und Gott sorgt für uns.

Das bedeutet natürlich nicht, die Hände in den Schoß zu legen, einfach in den Tag hinein zu leben. Ich habe eine Verantwortung vor Gott, den Menschen, und der Umwelt gegenüber. Und ich denke, ich bin selbstverständlich auch immer wieder aufgerufen zur Mitsorge, zur Fürsorge für andere. Für die Familie, unsere Freund*innen, Kolleg*innen und Nachbar*innen. Verantwortlich, für- und itsorgend zu leben -Sie wissen sicher viele Beispiele, was dazugehört.

In allem, was wir tun, wünsche ich uns, dass wir uns nicht entmutigen lassen und immer auch auf Gottes Unterstützung vertrauen. Und wenn sie doch einmal wieder in uns bohren, die Sorgen und uns niederdrücken, dann wünsche ich uns, dass Gott uns Menschen an die Seite stellt, die uns in echter Mitsorge aufrichten, die uns vom Dunklen wieder ins Helle führen und uns Mut machen: „Du schaffst das! Mach dir keine Sorgen!“

Das ist kein billiger Trostsatz. Ich verstehe Jesu Aufforderung als Ermutigung, als Satz, der zu einer Lebenskraft werden kann. Denn der für uns sorgende Gott möchte uns helfen, dass wir gerade auch in unseren Ängsten und Bedenken nicht stecken bleiben, dass wir nicht aufgeben, sondern uns immer wieder aufrichten können und aufstehen und neue Wege gehen.

Wir beten:

Du, unser Gott, du bist unsere Hoffnung, wir sind dir dankbar, dass wir dir von unseren Sorgen erzählen dürfen und dass du uns von ihnen befreien kannst. So bitten wir dich für uns Ängstliche: sorge für uns. Wir bitten dich für uns, wenn wir meinen, nicht zu schaffen, was uns aufgetragen wird: sorge für uns. Wir bitten dich für uns, wenn wir krank sind und wenig oder keine Aussichten auf Heilung zu erkennen sind: sorge für uns. Wir bitten dich für uns, wenn wir unsere Heimat verlassen müssen und Zuflucht suchen: sorge für uns. Amen.

Sabine Grüneklee-Herrmann