Dieser Beitrag wurde 567 mal aufgerufen

Gott wendet Böses zum Guten

So fürchtet euch nun nicht; ich will euch und eure Kinder versorgen. Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen. (1. Mose 50,21)

Streit kommt in den besten Familien vor. Das wissen wir alle. Die Ursachen sind vielfältig, oftmals geht es um Geld oder es geht um Liebe und um Eifersucht. Letztere ist der Hauptgrund, weshalb es eines Tages zwischen Josef und seinen Brüdern eskalierte. Zwölf Jungen desselben Vaters, Jakob, aber von vier verschiedenen Müttern. Eine bunte Patchworkfamilie.

Schwierig allerdings, dass nur eine dieser Frauen, nämlich Rahel, Jakobs große Liebe war. Und tragisch, dass sie bei der Geburt ihres zweiten Kindes starb. Damit beginnt, was eigentlich nicht sein sollte. Der Vater zieht diese beiden, Josef und Benjamin, seine Jüngsten, den anderen vor. Überschüttet sie mit Liebe und Geschenken. Das kann nicht gut gehen und das geht auch nicht gut.

Zumal sich bei Josef eine ganz besondere Gabe entwickelt. Er vermag in besonderer Weise zu träumen. Träume, mit denen er den Hass seiner Brüder noch mehr auf sich zieht. Warum muss er ihnen auch davon erzählen? Er kann sich doch denken, dass sie wütend auf ihn sind, wenn er im Traum sieht, wie sie sich vor ihm verneigen.

Dass hält nun auch Jakob für überzogen, aber dafür ist es zu spät. Josef muss weg, finden die Brüder. Der älteste kann gerade noch verhindern, dass sie ihn totschlagen. Stattdessen verkaufen sie ihn als Sklaven an vorbei reisende Händler. Dem Vater erzählen sie, sein Lieblingssohn sei von wilden Tieren getötet worden. Nichts erfahren wir darüber, wie sie mit ihrer Schuld leben können.

Nur über Josef wird eine Menge erzählt. So auch, wie er durch seine Kunst der Traumdeutung nach vielen Rückschlägen am Ende zum wichtigsten Mann in Ägypten wird. Durch sein vorausschauendes Handeln muss in langen Dürrejahren niemand verhungern. Und das spricht sich herum – weit über Ägyptens Grenzen hinaus. So kommt es zu einer erneuten Begegnung mit den Brüdern, die nach Ägypten reisen, Josef aber nicht erkennen. Der weiß allerdings sofort, wer sich da vor ihm verneigt und um Korn bittet.

Was mag in ihm vorgehen? Sein Traum ist wahr geworden, aber von seiner einstigen Arroganz ist nichts geblieben. Zu viel hat er erlitten, bis er mit Gottes Hilfe in diese Position gelangt ist.

Dass Gott ihn in all den Jahren begleitet und bewahrt hat, davon ist er überzeugt.

Er ist zutiefst und zu Tränen gerührt, die er allerdings zunächst vor ihnen verbirgt. Erst nach weiteren Begegnungen hat er die Kraft hat, sich ihnen zu erkennen zu geben. Er ist bereit zur Versöhnung und bittet die Brüder, auch den geliebten Vater nach Ägypten zu holen.

Am Ende also alle wieder friedlich vereint?

Ganz so einfach ist es wohl nicht, denn nach Jakobs Tod einige Jahre später flammen die Ängste der Brüder wieder auf. Kann Josef ihnen wirklich verzeihen? Josef antwortet mit dem Satz, den sicher viele von Ihnen schon gehört haben: Ihr hattet Böses für mich geplant. Aber Gott hat es zum Guten gewendet. Und dabei geht es Josef gar nicht um sich selbst, sondern um die Rettung so vieler Menschen in der Hungernot.

Die Schuldfrage lässt Josef unbeantwortet. Schuld zu vergeben, ist Gottes Sache. Aber miteinander leben, das geht. Und er verspricht sogar, für sie und ihre Familien zu sorgen, und er tröstet sie und macht ihnen Mut.

Ich weiß nicht, ob ich das könnte.

Diese emotionale Stärke Josefs rührt mich. Und ich bewundere und ich wünsche mir ein ebenso starkes Gottvertrauen – gerade in dieser Zeit. Einen Glauben, den Dietrich Bonhoeffer so beschreibt:

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.

Wir beten:

Du, unser Gott, so vieles bewegt uns in diesen Zeiten. Menschen, um die wir uns sorgen. Deine Schöpfung, die Du unserer Fürsorge anvertraut hast. Halte Deine schützende Hand über uns allen. Amen.

Sabine Grüneklee-Herrmann