Dieser Beitrag wurde 1.977 mal aufgerufen

Über den Geschmack des Glaubens

„Fusion“ ist das Zauberwort. Die viel beschworene Fusionsküche ist vielfältig und leicht, schmackhaft und bekömmlich. Die thailändische Küche ist das Paradebeispiel: Inspiriert vom Besten, was die Küchen anderer Nationen zu bieten haben, kombiniert und veredelt sie diese Einflüsse zu etwas Neuem und Eigenem, das kulinarisch Weltruf genießt. Eine echte Thai-Mahlzeit ist immer auch Fusion in der Zusammenstellung – eine Kombination aus süßen und sauren, salzigen und scharfen Speisen auf dem Tisch garantiert, dass das Geschmackserlebnis rund und bekömmlich ist.

„Fusion“ – das ist auch das Thema der biblischen Jahreslosung für das Jahr 2015: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“ (Römer 15,7). Sein Wort richtet der Apostel Paulus in diesem Fall an die aus sehr unterschiedlichen Mitgliedern zusammengesetzte christliche Gemeinde in Rom. Von Sklaven über wohlhabende Händler oder reiche Witwen war dort alles dabei. Nehmt einander an – das heißt: Akzeptiert einander so wie ihr seid, auch mit dem, was euch am anderen nicht schmeckt. Was Euch auf die Nerven geht, vielleicht sogar abstößt. Was euch fremd oder unverständlich ist – und womöglich bleiben wird. Und nehmt euch einander an –also: seid füreinander da, je nachdem wie es der oder die andere braucht.

Das ist zunächst ein Programm für das Binnenleben unserer evangelischen Gemeinden. Hier soll jeder erleben können, dass er bedingungslos angenommen ist, so wie er oder sie ist. Denn darin zeigt sich die Liebe.

Es ist aber auch ein Programm, an dem man Christinnen und Christinnen nach außen hin erkennen soll: Nehmt euch ausdrücklich derer an, die anderswo außen vor bleiben. Wie sich Christus der oft sehr unbequemen Menschen angenommen hat, die ihm über den Weg liefen.

Ein anspruchsvolles Programm! Das ist nicht „Fusion light“. Es geht nicht darum, sich nur die Leute herauszupicken, die nach unserem Geschmack sind. Die uns keine Mühe machen, die uns mit ihren Erfahrungen und Bedürfnissen keine Herausforderung sind. Nur so werden wir Gott gerecht. Denn Gott ist ein Gott, der von Anfang an Fusion gewollt hat. Nur in ihrer Vielfalt ist die Schöpfung vollständig. Nur durch die Gemeinschaft mit den anderen werden wir, die wir sein sollen. Unser Gott ist ein „Gott der Geduld und des Trostes“ (Römer 15,5). In der Geduld mit dem ärgerlich Andersartigen und im Trost für die Mühseligen und Bedürftigen wird Gott gelobt. Und kommen Menschen auf den Geschmack des Glaubens.

Annegret Helmer