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Kirchlich heiraten? Ist doch ganz einfach!

Kirchliche Trauungen sind heute oft viel aufwändiger als früher. Wedding-Planer, einschlägige Zeitschriften und vor allem amerikanische Spielfilme sorgen dafür, dass es immer mehr gibt, was angeblich als Muss gilt: Zahlreiche Vorschriften, was die Braut zu tragen hat, wie der Ablauf sein soll, was alles zu beachten ist. Das führt dazu, dass mir immer öfter Brautpaare gegenüber sitzen, die einen ganzen Katalog von Regeln mitbringen, die angeblich beachtet werden müssen.
Dazu kann ich nur sagen: Was die kirchliche Trauung betrifft, so gibt es einen groben Ablauf, der vorgegeben ist: Biblische Lesungen, die Traufrage an das Brautpaar, Ringetausch und Segen – das ist so ungefähr der Kern einer kirchlichen Trauung. Dazu kommen Lieder, Gebete und eine Ansprache. Im Grunde ist das relativ schlicht. Aber, wie gesagt: Da ist ja noch all das andere, von dem Freundinnen, Brauteltern und die schon erwähnten Hollywood-Filme meinen, es sei unabdingbar.

Brautübergabe à la Hollywood

Eine echte Neuheit ist der Wunsch, der Vater der Braut solle die Braut in die Kirche führen. Bis vor etwa 15 Jahren unbekannt, gehört dieses Ritual heute zu den Standardvorstellungen vieler Brautpaare. Ich erkläre es mir so, dass Spielfilme und im Fernsehen übertragene königliche Hochzeiten diese Vorstellung geprägt haben. Die Königs- und Prinzenhochzeiten geschehen in der Regel nach anglikanischem oder katholischem Ritus, die Hollywood-Filme folgen eigenen Gesetzen – und das alles hat mit der Tradition einer evangelischen Trauung wenig gemeinsam. Das Ritual der Übergabe der Braut vom Vater an den Ehemann bedeutet nämlich in Kurzfassung: Die Frau geht aus dem Besitz des Vaters in den Besitz des Ehemannes über. Das ist ein zutiefst patriarchalischer Akt, der allem entgegensteht, was in unserer Gesellschaft heute als Grundlage einer Partnerschaft gilt.
Überdies garantiert der Vater durch die Übergabe der Tochter an den Ehemann, dass die Tochter „intakt“ ist – dass sie also Jungfrau ist. Brautpaare versichern mir immer wieder, dass sie es so nicht meinen, sondern dass sie den Vorgang als solchen einfach schön finden und dass es doch bei der Freundin auch so war und so gut aussah.

Rituale haben einen Inhalt: Die evangelische Trauung

Aber ein Ritual hat einen Inhalt, von dem man nicht absehen kann. Und ich als Pfarrerin glaube aus tiefstem Herzen an die Bedeutung von Ritualen. Ich teile ja auch nicht das Abendmahl aus, weil es schön aussieht, sondern weil ich an den Inhalt der heiligen Handlung glaube.
Was aber noch wichtiger ist: Das Verständnis einer evangelischen Trauung ist mit der Übergabe der Braut durch den Vater unvereinbar. Seit Luthers Zeiten beginnt die evangelische Trauung so: Das Brautpaar kommt aus freiem Entschluss und gemeinsam zur Kirche, um sich aus freiem Willen ein gegenseitiges Versprechen zu geben. Es ist der gemeinsame Entschluss freier, erwachsener Menschen, von dem wir ausgehen – und das Ritual der evangelischen Trauung soll dies zum Ausdruck bringen: Das Brautpaar kommt gemeinsam zur Kirche und wird an der Schwelle von der Pfarrerin oder dem Pfarrer in Empfang genommen und zum Altar geleitet. Ich denke, dieser Ablauf entspricht ziemlich genau dem, wie wir heute Partnerschaft verstehen.
Um es ganz klar zu sagen: Eine kirchliche Trauung ist nicht in erster Linie eine schöne Inszenierung mit möglichst großartiger Kostümierung. Es geht tatsächlich um Inhalte: Das Versprechen, das zwei Menschen sich aus freiem Willen und von ganzem Herzen zu geben bereit sind – vor Gott und den Menschen. Und dazu bitten wir um Gottes Segen.
Dass dies möglichst ansprechend gestaltet wird und in einer Form, die dem Brautpaar entspricht, ist selbstverständlich. Dass Musik, Blumenschmuck und ein festlicher Rahmen dazugehören – ganz klar! Dass Rührung, Ergriffenheit und auch Pathos mit im Spiel sind – unbenommen!

Die Kernfrage für Brautpaare

Mir sitzen aber manchmal Brautpaare gegenüber, die bei ihrer eigenen Hochzeit wenig Mitspracherecht haben – das gilt, ich muss es leider sagen, vor allem für die beteiligten Männer.
Ich ermuntere daher die Paare, einmal darüber nachzudenken, was ihnen eigentlich wichtig ist an diesem Gottesdienst. Was wollen die beiden sich versprechen? Was nicht? Was passt zu den Beiden, welcher äußere Rahmen? Was ist stimmig? Das sind die wichtigen Fragen. Und die sollte jedes Paar individuell beantworten.

Das falsche Bild

Durch den Trend zu immer aufwändigeren Hochzeiten entsteht außerdem leider der Eindruck, eine kirchliche Hochzeit gehe nur so und nicht anders. Junge Erwachsene sagen mir inzwischen öfter: „Kirchlich heiraten würde ich schon deshalb nicht, weil mir das viel zu viel Tamtam ist. So etwas passt nicht zu mir, zu uns. Lieber hätten wir es schlicht, wir lassen das mit der Kirche.“
Da kann ich nur sagen: Hier ist ein falsches Bild entstanden! Eine kirchliche Hochzeit kann ganz schlicht oder sehr aufwändig sein – diese Entscheidung trifft allein das Paar. Weder das weiße Kleid, noch ein aufwändiger Ablauf und schon gar nicht all die Ideen der Wedding-Planer sind vorgeschrieben. Wer es möchte, kann eine kirchliche Trauung mit minimalem Aufwand haben! Und zwar eine schöne!
Und wer es anders möchte, kann das ebenfalls in die Tat umsetzen. Wichtig ist mir als Pfarrerin, dass eine Hochzeit zum betreffenden Paar passt – schließlich sollen und wollen die Beiden Ja sagen, und der Rahmen muss passen!

Trauungen für gleichgeschlechtliche Paare

Seit Anfang dieses Jahres ist übrigens eine „richtige“ Trauung auch für gleichgeschlechtliche Paare möglich, was ich persönlich sehr begrüße und unterstütze.

Elisabeth Müller

2 Gedanken zu „Kirchlich heiraten? Ist doch ganz einfach!

  1. Hallo Frau Müller, sie sprechen mir aus der Seele. Genauso sollte es sein. Liebe Grüße

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