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Kirche im Bau

Fast vier Jahre ist es her, dass die Kirche Notre Dame in Paris in Flammen stand. Damals waren wir gerade in Süddeutschland unterwegs, hatten kurz vorher das Straßburger Münster besucht und am selben Tag noch das Freiburger, da kam die Nachricht im Radio. Abends sahen wir dann die Bilder vom Brand im Fernsehen.

Nun waren wir selbst in Paris und sahen Notre Dame wie auf dem Foto: die Kirche ist im Bau. Mit einer großen finanziellen und organisatorischen Anstrengung soll sie bis 2024 wiederaufgebaut sein. Im Moment aber können weder Gottesdienste noch Besichtigungen stattfinden.

Kirche im Bau – ist das nicht ein Bild für die Kirche überhaupt? Die Kirche als Gemeinschaft von Menschen ist immer Veränderungen unterworfen. Nie kann man sagen: sie ist nun fertig und kann so bleiben. Der Reformationstag Ende Oktober hat uns daran erinnert, wie Martin Luther seinerzeit dringende Veränderungen der Kirche angemahnt und dann in der evangelischen Kirche ausgebaut hat. Aber auch das war ja nicht der letzte Schritt. Der Bau der Kirche geht weiter.

Allerdings greift das Bild von Notre Dame hier zu kurz. Denn dort geht es um den Wiederaufbau, sicherlich mit manchen Verbesserungen und Modernisierungen. Aber im Grunde soll die Kirche im Wesentlichen aussehen wie vorher. Doch kommt es nur darauf an, dass alles möglichst bleibt wie früher?

Darum kann es nicht gehen bei der Kirche im Bau. Immer wieder muss man prüfen, ob die Gestalt und das Handeln der Kirche dem entsprechen, was uns von Jesus Christus her wichtig ist. Neue Möglichkeiten tun sich auf, deren Chancen ergriffen werden wollen. Und von manchem, das nicht mehr geht, muss man sich verabschieden.

Kirche im Bau – ja, das hat auch etwas mit den Gebäuden zu tun. Nicht erst seit der vorletzten Kreissynode, einer „Klimasynode“, bewegen uns Nachhaltigkeit und die Schonung von Ressourcen. Deshalb hatte unser Presbyterium beschlossen, die Kirchen nicht zu heizen und mit Beginn des neuen Jahres zur „Winterkirche“ einzuladen. Nun feiern wir die Gottesdienste in den Gemeinderäumen, die wegen der Veranstaltungen unter der Woche durchgehend beheizt werden müssen.

Kirche im Bau – das hat auch mit Strukturen und Organisationsformen zu tun. Dabei ist unsere Gemeinde mittendrin in einem Prozess, der solche Formen für die Zukunft findet und umsetzt.

Aber bei der Kirche im Bau geht es in erster Linie um die Menschen. Und die einen gehen, andere kommen. Damit verändern sich die Schwerpunkte, damit verändern sich die Beziehungen. Aber Kirche wird nicht nur vom Presbyterium gebaut, auch nicht nur von den beruflich Mitarbeitenden. Sondern alle sind eingeladen, mitzubauen an einem Raum, in dem Gottes Segen spürbar wird. Komm, bau ein Haus – heißt es in einem modernen Kirchenlied. Ein Haus, in das Alte und Junge eingeladen werden, um das Leben zu teilen und gemeinsam zu gestalten. Ein Haus, in dem Respekt und Verständnis wachsen können ebenso wie die Verantwortung für diese ganze Welt.

Damit wird die Kirche also eine Art „Treibhaus“ – mit besonders guten Bedingungen, damit das, was da wächst, schließlich ausgepflanzt werden kann und weiterwächst und blüht und Früchte trägt. Ein schöner Gedanke, finde ich.

Haben Sie nicht Lust, zu gucken, was da wächst, was die Kirche „so treibt“? Oder mitzuhelfen, dass gGottes -Sute Bedingungen entstehen für ein Miteinander? Oder selbst mitzubauen am „Treibhaus Kirche“, damit genug Platz ist für all das Gute, das dringend wachsen muss? Wir freuen uns über alle, die neugierig und interessiert sind.

Michael Banken