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O Heiland, reiß die Himmel auf

O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf, reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel für. (vermutl. Friedrich Spee 1622; Evangelisches Gesangbuch Nr. 7)

„O Heiland, reiß die Himmel auf…“ – mit diesen Worten fängt ein bekanntes Adventslied an. Die Lieder des Advents gehören zu dem Schönsten, was das Evangelische Gesangbuch uns zu bieten hat. Mit Advent beginnt das neue Kirchenjahr.

Obwohl es bestimmt schon überall nach Weihnachten dudelt, haben wir trotzdem zunächst einmal Advent. Erst am Heiligabend beginnt die Weihnachtszeit. In unserem Erleben mag der Advent uns vielleicht nur wie eine Vorweihnachtszeit vorkommen, ursprünglich ist er jedoch eine Zeit der Erwartung. Die Erwartung des Kommen Jesu Christi.

Dieses Kommen dürfen wir nicht mit Weihnachten verwechseln. Advent meint nicht die Geburt Jesu, an einem ärmlichen und unscheinbaren Ort, sondern sein Wiederkommen als Herr der Herrlichkeit. Advent bedeutet Ankunft. Dieser Name ist Programm. Er verspricht uns, dass Weihnachten noch nicht alles gewesen ist.

Die Geburt Jesu in der Heiligen Nacht war nur ein Anfang. Gott wurde Mensch. Das ist zwar fantastisch, unerhört, einfach nicht zu fassen und Grund zur überschwänglichen Freude. Trotzdem muss man sich fragen, was Weihnachten ohne Advent wäre. Was hat sich denn seit Weihnachten eigentlich geändert? Muss da nicht noch etwas kommen? Ohne Advent bleibt Weihnachten eine unerfüllte Verheißung.

Zwar geht von dem Kind in der Krippe den unüberhörbaren Aufruf aus, friedlich miteinander umzugehen. Aber wenn er uns selber nicht als Friedefürst entgegen kommen wird, macht es keinen Sinn nach Frieden zu streben. Ohne sein Wiederkommen bleibt der Frieden, im vollsten und wahrsten Sinne des Wortes, als heiles Leben und als Sicherheit und Wohlstand für alle, ein unerreichbares Ideal, zu schön um wahr zu sein. Nur in Verbindung zum Advent wird Weihnachten zum Vorgeschmack eines endgültigen und allumfassenden Friedens.

Mehr als eine Kostprobe davon werden wir davon an Weihnachten allerdings nicht bekommen. Die Erfahrung lehrt, dass es an Weihnachten nicht immer, nicht überall und nur selten die ganze Zeit über friedlich zugeht. Vor allem aber sind wir Menschen einfach nicht dazu in der Lage, diesen Frieden herbeizuführen. Auf jeden Fall nicht alleine, nicht ohne Israels Messias und der Heiden Heiland.

Das macht uns die Zeit von Advent, als Anlauf nach Weihnachten, alle Jahre wieder schmerzlich bewusst. Gleichzeitig verspricht Advent, dass der, dessen Geburt in Bethlehems Stall wir feiern, erneut zur Welt kommen wird. Erst dann wird er den Frieden, den er in der Heiligen Nacht in unsere Herzen gelegt hat, endgültig in dieser Welt zum Sieg zu verhelfen.

Von dieser Hoffnung singen unsere Adventslieder. Nehmen wir sie in den Mund, machen wir uns diese Hoffnung zu Eigen. Im Singen der Adventslieder wird die Hoffnung auf den bereits gekommenen und gleichzeitig noch kommenden Friedefürsten, zu einer sehnsüchtigen Erwartung. Eine Erwartung, die uns tatkräftig nach dem Frieden streben lässt, den er uns versprochen hat.

O Heiland reiß die Himmel auf! Es wäre schön, wenn wir mit diesen Worten auf den Lippen oder wenigstens im Herzen Weihnachten entgegensehen und begehen würden.

Pieter Roggeband