Was wirklich zählt ist unbezahlbar

Was wirklich zählt ist unbezahlbar. Ja das stimmt. Spontan kann ich der Aussage direkt zustimmen. Doch dann fange ich an zu träumen: Eine Weltreise, ein großer Urlaub voller Komfort, eine noch schönere und größere Wohnung, ein zweites, neues und größeres Auto, wo wir uns nicht mehr zwischen Kinderwagen und etwas mehr Gepäck entscheiden müssen. Oder kleinere Dinge, noch ein theologisches Buch oder eine neue Jacke zum Wandern kaufen.

Alle genannten Dinge sind mit Geld bezahlbar. Also stimmt die Ausgangsthese doch nicht? Manche der Träume könnten wir vielleicht direkt verwirklichen, für andere müssten wir erstmal sparen. Aber alle sind mit Geld bezahlbar. Weiterlesen

Über Gastfreundschaft

Bleibt fest in der geschwisterlichen Liebe. Gastfrei zu sein vergesst nicht; denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt. (2. Hebräer 13,1+2)

Gastfreundschaft begegnet uns in vielen Geschichten in der Bibel. Eine der bekanntesten ist die, in der Jesus 5000 Menschen mit nur fünf Broten und zwei Fischen sättigt. Bereits diese Erzählung zeigt, dass es bei dieser Bewirtung umso viel mehr geht als nur das körperliche Sattwerden. Und so ist auch das gemeinsame Abendmahl in der Nachfolge Jesu für uns Christinnen und Christen das Zeichen der Gegenwart Gottes über den Tod hinaus geworden.

Wie können wir Gastfreundschaft untereinander und mit anderen zeigen in Zeiten, in denen wir uns nicht begegnen können, in denen wir Distanz halten sollen? In Zeiten, in denen wir nicht das Abendmahl miteinander feiern können? Weiterlesen

Gebet – unbezahlbar

Wenn ich an das Gebet denke in dieser Zeit, dann bin ich so dankbar, dass ich so zu Gott sprechen kann. In unvorstellbar kurzer Zeit hat ein Virus unsere Welt vollständig aus den Angeln gehoben. Was haben plötzlich die Sorge um meine Gesundheit, die Isolation und existenzielle Ängste in dieser Krise für eine Macht. Wie gern würden wir einfach zur Tagesordnung übergehen und können es nicht.

Wie hat es da Bonhoeffer in seinem Lied beschrieben, „Von guten Mächten wunderbar geborgen…“, Worte, die plötzlich eine ganz neue Tiefe und Bedeutung bekommen, wie sehr wünschen wir uns das. Ist es da nicht wertvoll bzw. unbezahlbar, im Gebet dieses alles an unseren Vater im Himmel abgeben zu können? Weiterlesen

Zum 75. Jahrestag des Kriegsendes

Am 8. Mai 1945 endete der zweite große Krieg. Deutschland war besiegt. Eine Niederlage, die sich als Befreiung von einem verbrecherischen System erwies. Unsere Kirche hat dies sehr früh im Stuttgarter Schuldbekenntnis aufgenommen: „…aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“

Persönlich habe ich über die Erfahrungen meines Schwiegervaters an dieser Zeit Anteil genommen. Er zog mit 17 Jahren in den Krieg und kehrte mit 27 Jahren aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Natürlich geprägt von der Idee, den Krieg verloren zu haben. Aber im Laufe der Jahre hat er die Niederlage als Befreiung verstanden. Mich hat beeindruckt, wie sehr er darauf aus war, auf seinen Auslandsreisen die Spuren der Vergangenheit zu suchen – und sich zu versöhnen. Weiterlesen

Öffnet die Schubladen!

Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm. (Apostelgeschichte 10,35)

Pfarrers Kinder, Müllers Vieh geraten selten oder nie! Mit diesem Spruch bin ich, sozusagen, groß geworden. Oh nein, nicht meine Eltern haben das gesagt – mein Vater hat es mir als Kind nur erklärt, ich wusste gar nicht, was ich mit Müllers Vieh gemeinsam haben könnte – nein, Menschen aus der Gemeinde, Menschen, denen ich begegnet bin, haben, sobald sie hörten, was mein Vater von Beruf ist, diese Lebensweisheit von sich gegeben.

Nun mag das in den einen oder anderen Ohren witzig klingen, die ersten Male ist das vielleicht auch so, aber dann verliert es doch erheblich an Charme und ich selber mag es auch nicht mehr hören. Denn der Witz ist ja nur von kurzer Dauer, anschließend war ich ja damit beschäftigt, gegen diesen Ruf zu arbeiten, mich aus der Schublade wieder heraus zu manövrieren, in die man mich mit diesem Spruch ja hingesteckt hatte. Weiterlesen

Bereitet dem Herrn den Weg

Bereitet dem Herrn den Weg… Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden… (Jesaja 40,3-5)

Ein Kirchenjubiläum wie dieses ist immer ein guter Grund, dankbar zurückzublicken, heute zu feiern und mit Hoffnung und Glaube den Blick in die Zukunft zu wagen.

Dankbar zurückblicken: Am 3. Advent 1894 wurde die Gnadenkirche eingeweiht, 35 Jahre später – am 3. Advent 1929 – ihr Turm und die erweiterte Kirche. Seit 125 Jahre haben Christinnen und Christen hier Gottesdienste gefeiert, gesungen und das Abendmahl geteilt. Immer standen die Worte der biblischen Schrift im Mittelpunkt. Denn sie sind für uns Protestanten entscheidend. Auch heute, wenn wir ein Kirchenjubiläum wie dieses feiern – entscheidend ist für uns herauszuhören, wie Gott uns heute durch das biblische Wort anspricht – egal wo, an welchem Ort. Weiterlesen

Frieden bleibt unser Auftrag

Vor ein paar Jahren erzählte mir ein älterer Mann aus der Gemeinde, dass sein Vater im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront verschollen ist. Er selber hat keine bewussten Erinnerungen mehr an ihn. Doch mit zunehmendem Alter wurden die Fragen nach dem vermissten Vater immer vorherrschender. Ist er gefallen? Ist er in Gefangenschaft geraten? Gehörte er zu den Heimkehrern, die an Entkräftung und Seuchen starben? Wurde er in einem der Massengräber verscharrt? Was geschah mit ihm? Weiterlesen

Von der Sehnsucht, in Frieden zu leben

Suche den Frieden und jage ihm nach. (Psalm 34,15)

Das neue Jahr 2019 hat begonnen und jede und jeder fragt sich: Was werden wir in diesem Jahr erleben, und wo werden wir am Ende des Jahres stehen? Für die Reise durchs neue Jahr bekommen wir eine Jahreslosung an die Hand. Die Jahreslosungen verdanken sich dem württembergischen Pfarrer und Liederdichter Otto Riethmüller, in Bad Cannstatt geboren. Otto Riethmüller begrüßte ursprünglich mit vielen anderen die nationalsozialistische Bewegung. Aber als er erkannte, wes Geistes Kind diese Menschen waren, wollte er den Parolen der Nationalsozialisten ein Bibelwort entgegenstellen. So rief er die Tradition der Jahreslosungen ins Leben. 1930 erschien die Erste. Sie lautete: „Ich schäme mich des Evangeliums von Jesus Christus nicht.“

Die Tradition hat sich erhalten. Für dieses Jahr 2019 lautet die Jahreslosung: „Suche Frieden und jage ihm nach.“ Jede und jeder von uns trägt in sich die tiefe Sehnsucht und Hoffnung, ihr und sein Leben in Frieden leben zu können. Das bedeutet nicht nur die Abwesenheit von Streit und Krieg. Dazu gehören auch wirtschaftliche Stabilität, tragende mitmenschliche Beziehungen, sinnerfüllende Tätigkeiten, Anerkennung. Diese und weitere Faktoren tragen zu einem inneren Frieden bei, den man auch als innere Ruhe oder satte Zufriedenheit bezeichnen könnte. Doch jede und jeder von uns weiß, wie zerbrechlich und flüchtig Frieden in unserem Leben ist. Weiterlesen

Gott hat es getan!

Wenn ich von meiner Schwester nach Hause laufe, komme ich an diesem Büdchen vorbei, wo eigentlich immer welche stehen, die es sich bei einer Flasche Bier und Zigaretten gut gehen lassen. Normalerweise kann ich nicht verstehen, was sie miteinander reden, dieses Mal aber hörte ich im Vorübergehen, wie der eine Mann, der dort stand, dem anderen sagte: Die Menschen bringen sich alle gegenseitig um! Eine steile These, dachte ich spontan, und dann musste ich lächeln, weil mir einfiel, dass schon meine Großmutter mir versichert hatte: Die Menschheit bringt sich selber um. Weiterlesen

Erinnern, heilen, Christus bezeugen

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Korinther 5,17)

Am 18. Februar 1546 ist Martin Luther in Eisleben gestorben, in seiner Geburtsstadt. Es war kalter Winter und der keineswegs immer gesunde, 63jährige Reformator hatte sich nicht davon abbringen lassen, in das Land der Mansfelder Grafen zu fahren – per Reisewagen natürlich –, um Streit zwischen den Parteien zu schlichten. Sie mussten die eisige Saale überqueren und es pfiff der Wind aus allen Wetterecken.

Seine geliebte Frau Käthe machte sich gewaltige Sorgen, wie wir uns vorstellen können. Trotz seines schlechten Zustands predigte er unterwegs in Halle und in Eisleben mehrfach. Aber seinen goldenen Humor behielt er, obwohl er sich immer elender fühlte. An seine besorgte Katharina schrieb er Briefe voll fröhlichen Gottvertrauens: „Laß mich zufrieden mit Deiner Sorge. Ich habe einen besseren Sorger, denn Du und alle Engel sind. Der liegt in der Krippe, und sitzet gleichwohl zur rechten Hand Gottes, des allmächtigen Vaters. Darum sei in Frieden.“ Weiterlesen