Neuer Himmel, neue Erde

So schrecklich lange war ich noch nicht in Amt und Würden, da stand ich in der Sakristei, war damit beschäftigt, meinen Talar anzuziehen, der Küster und seine Frau waren auch da, da sagte ich ganz traurig, wie schrecklich ich es finde, dass Herr Sowieso gestorben ist.

Und noch ehe ich etwas Weiteres dazu sagen konnte, zum Beispiel wo er mir fehlen wird oder was ich so sehr an ihm mochte, also noch ehe ich irgendwie erklären konnte, warum ich so traurig war, und ich war sehr traurig, da sagte der Küster, dass doch gerade ich als Pfarrerin nicht traurig sein dürfe. Ich hätte mich zu freuen, dass Herr Sowieso es geschafft habe, endlich in der Ewigkeit angekommen sei. Weiterlesen

Träume der Jungen, Weisheit der Alten | In Zeiten von Corona #17

Gott, du hast mich von Jugend auf gelehrt, und noch jetzt verkündige ich deine Wunder. (Psalm 71,17) – Simeon nahm das Kind Jesus auf seine Arme und lobte Gott und sprach: Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen. (Lukas 2,28-30) | Herrnhuter Tageslosung für den 2. April 2020

Dem greisen Simeon war versprochen worden, dass er nicht sterben würde, bevor er nicht seinen Frieden gemacht hätte mit dem Leben. Zu ihm gesellt sich in der Geburtsgeschichte Jesu die alte Frau Hannah, die nur sieben Jahre verheiratet und danach 77 Jahre (eine gefühlte Ewigkeit) Witwe war. Sie sollte vor ihrem Tod verstehen dürfen, welchen Sinn die Liebe macht, das schmerzensträchtigste aller Gefühle. An ihnen erfüllt sich die Weissagung des Propheten Joel, dass Gottes Friedensreich anbricht mit Menschen, die Visionen haben von einer Welt, in der es menschlich zugeht für alle, und für die solche Träume Anstoß werden zur gelebten Mitmenschlichkeit. Weiterlesen

Öffnet die Schubladen!

Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm. (Apostelgeschichte 10,35)

Pfarrers Kinder, Müllers Vieh geraten selten oder nie! Mit diesem Spruch bin ich, sozusagen, groß geworden. Oh nein, nicht meine Eltern haben das gesagt – mein Vater hat es mir als Kind nur erklärt, ich wusste gar nicht, was ich mit Müllers Vieh gemeinsam haben könnte – nein, Menschen aus der Gemeinde, Menschen, denen ich begegnet bin, haben, sobald sie hörten, was mein Vater von Beruf ist, diese Lebensweisheit von sich gegeben.

Nun mag das in den einen oder anderen Ohren witzig klingen, die ersten Male ist das vielleicht auch so, aber dann verliert es doch erheblich an Charme und ich selber mag es auch nicht mehr hören. Denn der Witz ist ja nur von kurzer Dauer, anschließend war ich ja damit beschäftigt, gegen diesen Ruf zu arbeiten, mich aus der Schublade wieder heraus zu manövrieren, in die man mich mit diesem Spruch ja hingesteckt hatte. Weiterlesen

Der schöne Achim oder: Warum ich Pfarrerin wurde

Vermutlich kennen Sie den „schönen Achim“ nicht.

Heute ist er längst ein bisschen übergewichtig und der coole Pferdeschwanz einem Kurzhaarschnitt gewichen, der lichte Stellen besser überdeckt. Er spielt auch nicht mehr Gitarre in der Schülerband, sondern ist Berufschullehrer in der Nähe von Köln.

Aber damals, als es ernst wurde mit den wegweisenden Entscheidungen für mein Leben – da war der schöne Achim das Alpha-Männchen unser Jahrgangsstufe. Und ich war – ein Omega-Weibchen: uncool auf allen Ebenen, etwas dicklich und mit zu kurzen Beinen für die In-Jeans, mit fisseligem Haar statt langer Mähne. Wenigstens hatte ich keine Pickel, Gott sei Dank… Weiterlesen