Über die Verletzlichkeit menschlicher Beziehungen | In Zeiten von Corona #3

Der Herr wandte sich Israel wieder zu um seines Bundes willen mit Abraham, Isaak und Jakob und wollte sie nicht verderben, verwarf sie auch nicht von seinem Angesicht bis auf diese Stunde. (2. Könige 13,23) – Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen. (Römer 11,29) | Herrnhuter Tageslosung für den 19. März 2020

Die Corona-Krise erinnert uns an unsere Verletzlichkeit. Was wir gerade erleben, lässt uns spüren, dass wir Naturwesen sind – gemacht aus vergänglichem Staub, wie es in der Bibel ausgedrückt wird. Jederzeit kann es zu Ende sein, jederzeit kann es mich treffen, ich kann es nicht wirklich beeinflussen, was auf mich zukommt.

Unsere Tageslosung spricht nun davon, dass Gott sich mit dem endlichen Staub-Wesen Mensch verbindet; eine liebevolle Bindung eingeht. Weiterlesen

Über das Hamstern | In Zeiten von Corona #2

Es wartet alles auf dich, Herr, dass du ihnen Speise gebest zu seiner Zeit. Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gutem gesättigt. (Psalm 104,27-28) – Ihr habt schon geschmeckt, dass der Herr freundlich ist. ( 1. Petrus 2,3) | Herrnhuter Tageslosung für den 18. März 2020

Vorgestern habe ich zum ersten Mal eine Hamsterin gesehen. In meinem kleinen Stadtteilsupermarkt, mit dem eher unattraktiven Sortiment; ihr Wagen berstend voll mit Milch, Mehl, Nudeln und Klopapier!

Dass bei LIDL und ALDI bereits Scharen von Hamsterern gewesen waren, war mir durch spottende WhatsApp-Bildchen schon ein paar Tage zuvor zugetragen worden. Das konnte ich noch gut abtun: wie irre ist das denn! Wie übertrieben diese Panik! So würde ich mich nicht verhalten. Ich kaufte kein Klopapier und keine Konservendosen – um es mir zu beweisen: Das alles hier hatte mit mir nichts zu tun. Corona würde mich nicht erreichen, wenn ich das Thema nur intensiv genug von mir weghalte, einfach zum Thema „der anderen“ machte. Weiterlesen

Guter großer Übervater | In Zeiten von Corona #1

Dein Knecht lässt sich durch deine Gebote warnen. (Psalm 19,12) – Übe dich darin, den Willen Gottes zu tun. (1. Timotheus 4,7) | Herrnhuter Tageslosung für den 17. März 2020

Am Tag 1 meiner Reihe geistlicher Impulse „in Zeiten von Corona“ möchte ich als erstes sagen, was ich nicht glaube: Ich glaube nicht, dass die Corona-Epidemie ein Strafgericht Gottes ist.

Gestern gab es eine Umfrage einer christlichen Zeitung, die diese Frage per Mail an mich stellte – und mir als Dank für Beteiligung ein Abonnement anbot, das selbstverständlich nach den Probeexemplaren weiterlaufen würde, wenn ich nicht fristgerecht kündigen würde. Aber auch meine Apothekerin – eine moderne, kluge Frau – stellte mir dieselbe Frage. Ich weiß nicht, ob sie es ernst oder ironisch meinte – jedenfalls kommen solche Gedanken jetzt im Alltag „mit Corona“ auf. Weiterlesen

Hoffnung oder Erwartung?

Worauf hoffen die Menschen? Das kommt darauf an, in welchen Situation sich die Menschen befinden. Denn die Hoffnung braucht einen Anlass. Normalerweise jedenfalls. Wer krank ist, hofft auf Besserung. Wer in zwei Schulfächern auf der Kippe steht, hofft auf die Versetzung. Wer eine neue Arbeitsstelle antritt, hofft auf Erfolg. Und so weiter. Der Alltag, denke ich, ist voller Hoffnungen.

Und alle sind in die Zukunft gerichtet. Und alle hoffen auf Änderung. Und alle hoffen auf eine positive Entwicklung, zuerst einmal für den Hoffenden selbst. Weiterlesen

Bleibt in der Liebe!

Haltet fest an der Geschwisterliebe! Vergesst nicht die Gastfreundschaft, denn durch sie haben einige, ohne es zu wissen, Abgesandte Gottes beherbergt. Gedenkt der Gefangenen als Mitgefangene, und gedenkt der Misshandelten, weil ihr auch noch in euren Körpern lebt. (Hebräer 3,1-3)

Vor vier Jahren traf ich Adam. Adam ist ein junger, schüchterner Mann aus Syrien. Er war 19 Jahre alt. Adam kommt aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Damaskus. Er hat seine Schule dort nicht beenden können, denn während des Bürgerkrieges in Syrien hat eine Bombe sein Wohnhaus getroffen. Er kann sich nicht genau erinnern, aber seitdem hat er eine verletzte Schulter. Nach diesem schrecklichen Erlebnis begann er seine Flucht vor diesem Krieg nach Deutschland zu planen. Er kam über das Mittelmeer und die Türkei und dann quer durch Europa. Seine Reise beschreibt er unter Tränen als einen schrecklichen Alptraum. Weiterlesen

Pessimismusfasten

Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um das Leben, was ihr essen sollt, auch nicht um den Leib, was ihr anziehen sollt. Denn das Leben ist mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung. (Lukas 12,22-23)

Schwarzsehen ist leicht: Nachrichten gucken, die Zeitung aufschlagen, die Nachbarin fragen, wie es ihr geht oder die Statistik der Gemeindegliederzahlen der letzten Jahrzehnte studieren. Dazu noch ein überzeugtes „Früher war alles besser!“ und die Gegenwart sieht düster aus, ganz zu schweigen von der Zukunft. Mein Lieblingsradiosender „Cosmo“ sendet jeden Morgen die „Daily Good News“, die täglichen guten Nachrichten, denn die gibt es ja auch! Doch die größte Aufmerksamkeit gilt nach wie vor den schlechten Nachrichten, den Katastrophen und den Niederlagen. Schwarzsehen ist leicht und hat einen größeren Marktwert.

Die Fastenaktion der Evangelischen Kirche setzt in diesem Jahr auf das Motto „Zuversicht! Sieben Wochen ohne Pessimismus!“ Es geht darum, wenigstens für einige Zeit, all die Zukunftsängste und das Misstrauen zu überwinden. Es geht um die Lust, Hoffnung und Zuversicht zu entdecken. Schwarzmalerinnen und Pessimisten aufgepasst, denn das Glas ist noch mindestens halb voll! Weiterlesen

Öffnet die Schubladen!

Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm. (Apostelgeschichte 10,35)

Pfarrers Kinder, Müllers Vieh geraten selten oder nie! Mit diesem Spruch bin ich, sozusagen, groß geworden. Oh nein, nicht meine Eltern haben das gesagt – mein Vater hat es mir als Kind nur erklärt, ich wusste gar nicht, was ich mit Müllers Vieh gemeinsam haben könnte – nein, Menschen aus der Gemeinde, Menschen, denen ich begegnet bin, haben, sobald sie hörten, was mein Vater von Beruf ist, diese Lebensweisheit von sich gegeben.

Nun mag das in den einen oder anderen Ohren witzig klingen, die ersten Male ist das vielleicht auch so, aber dann verliert es doch erheblich an Charme und ich selber mag es auch nicht mehr hören. Denn der Witz ist ja nur von kurzer Dauer, anschließend war ich ja damit beschäftigt, gegen diesen Ruf zu arbeiten, mich aus der Schublade wieder heraus zu manövrieren, in die man mich mit diesem Spruch ja hingesteckt hatte. Weiterlesen

Was ich hier gelernt habe

Was tun wir hier eigentlich? Die lutherische Kirche in Namibia und einige deutsche Kirchen leben in einer Partnerschaft miteinander. Namibia war einmal Missionsgebiet der Rheinischen Mission – die heute Vereinte Evangelische Mission heißt (VEM), mit Sitz u.a. in Wuppertal. Außerdem und damit verwoben war Namibia deutsche Kolonie: Deutsch-Südwestafrika. Es gibt also viel gemeinsame Geschichte, leider vor allem viel grausame gemeinsame Geschichte. Die deutsche Kolonialmacht ist verantwortlich für den Tod unendlich vieler Namibier, vor allem aus dem Volk der Herero.

Als die namibischen Kirchen unabhängig wurden, gab es eine deutsche, weiße lutherische Kirche und eine namibische schwarze – und diese Trennung gibt es bis heute. Weiterlesen

Im Fluss der Zeit

Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. (Hebräer 13,8)

Die Zeit rast – schon haben wir wieder Februar. Wir haben geradezu das Gefühl, die Zeit verrinnt uns einfach so zwischen den Fingern.

Und doch: unsere Uhren lügen. Es ist unser Leben, das die Zeit letztlich prägt und mit Bedeutung füllt und die Zeit relativiert. Es gibt Momente im Leben, wo die Zeit geradezu still zu stehen scheint – wenn auch nur für einen kurzen Augenblick – vollkommene Glücksmomente, die uns fast aus der Zeit heraus zu nehmen scheinen. Denn die Uhren des Herzens gehen anders als die Uhren der Physiker. Weiterlesen

Wer hofft, lebt anders

Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes. (Römer 15,13)

Unter welchem Stern dieses Jahr 2020 wohl steht? Viele sind skeptisch. Zu viele Bilder von der Klimakrise, eine Menschheitsherausforderung für dieses Jahrhundert, Bilder des sich ausbreitende Antisemitismus in unserem Land, ein Symptom, dass die Gesellschaft gewalttätig und intolerant wird, Ressentiments und Hetze der AfD gegen Migranten, Hass und Morddrohungen in den sozialen Medien, das sind Bilder aus dem letzten Jahr, die in unseren Köpfen herum geistern. Sie spiegeln eine gesellschaftliche, politische und globale Verunsicherung, die auch in Kirchengemeinden spürbar ist.

Diesem Krisenszenario kann für das neue Jahr und auch Jahrzehnt die Hoffnung als gemeinsame Zukunftsperspektive entgegengestellt werden. Denn wer Hoffnung hat, kann das Leben leichter meistern. Hoffnung vermag Menschen eine unglaubliche Energie zu verleihen. Weiterlesen