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Eine Strophe für Gott | Andächtiges zum Monatsspruch Juni

Gott ist meine Stärke und mein Lobgesang, und ist mein Heil. Das ist mein Gott, ich will ihn preisen, er ist meines Vaters Gott, ich will ihn erheben. (Exodus 15,2)

Der Song für die EM 2016 ist veröffentlicht. David Getta hat ihn geschrieben und die Fans eingeladen mitzumachen. Die Fans konnten eine Strophe für den Fußball dichten und teilhaben am offiziellen EM-Song 2016. Die Spannung steigt: wird es 2016 ein Fußballwunder geben? Für Fußballfans eine aufregende Zeit mit geselligen Open-Air-Abenden vor der großen Leinwand: Ist die Mannschaft gut drauf? Wie stark ist der Gegner? Stimmt die Balltechnik? Kniffelige Situation? Manchmal kann man nur noch auf ein Wunder hoffen…

Kinobesucher, die keine Fußballfans sind, denken bei „Wunder“ vielleicht an das „Wunder von Bern“. Für sie steht dann nicht unbedingt der überraschende Sieg Deutschlands bei der WM 1954 im Vordergrund, sondern die wunderbare Liebesgeschichte. Wer auch das Musical zum Film gesehen hat, hat vielleicht noch die eine oder andere Melodie im Ohr…

Menschen, die mit Flüchtlingen arbeiten, erzählen von Wundern: das Wunder, wenn ein Familienvater nach über einem Jahr seine Frau und die vier kleinen Kinder wiedersieht. Das Wunder, wenn eine Frau ihren Verfolgern entkommt und hier bei uns sicher leben kann. Was fällt Ihnen zum Stichwort „Wunder“ ein?

Manche Wunder erleben wir gemeinsam, andere ganz persönlich und wollen gar nicht darüber reden. Wunder berühren. Tief im Herzen. Wunder sind groß. Oder klein. Wunder weiten den Horizont. Schenken einen neuen Anfang in einer Sackgasse.

Von einem neuen Anfang in einer Sackgasse erzählt buchstäblich der Bibelspruch für den Monat Juni. Dieser Spruch, ein Danklied der Israeliten, versetzt uns zurück in die Zeit des Alten Testaments: Das Volk Israel, Gottes Volk, war in Ägypten versklavt worden. Sie mussten unter erbärmlichen Bedingungen leben. Die Situation schien ausweglos. Da sendet Gott Mose als Boten zu ihnen. Mose vertraut auf die Unterstützung Gottes, nimmt all seinen Mut zusammen und verhandelt mit dem ägyptischen Pharao. Er will erreichen, dass er das Volk ziehen lässt, aber der Pharao ist unnachgiebig. Schließlich greift Gott selbst ein und befreit sein Volk.

Gott zieht auf wundersame Weise mit den Israeliten: tagsüber als Wolke, nachts als Feuersäule. Tag und Nacht ziehen sie durch die Wüste. Ja, selbst die Wüste ist besser als die Verhältnisse in Ägypten! Dann plötzlich bemerken die Israeliten: Die Ägypter sind ihnen auf den Fersen. Die Situation spitzt sich zu: Hinter ihnen die Ägypter, vor ihnen ein riesiges Wasser.

Kein Ausweg? Da passiert das scheinbar Unmögliche: Ein starker Ostwind zerteilt das Wasser. Die Israeliten kommen trocknen Fußes hindurch, dann gibt Mose das entscheidende Zeichen: Er streckt seine Hand aus, das Wasser schwemmt wieder zurück und die Ägypter ertrinken. Die Israeliten sind in Sicherheit. Sie können aufatmen und danken Gott für ihre Rettung in diesem Loblied: Gott ist meine Stärke und mein Lobgesang, und ist mein Heil. Das ist mein Gott, ich will ihn preisen, er ist meines Vaters Gott, ich will ihn erheben (Exodus 15,2).

Naturwissenschaftlich ist diese Geschichte kaum haltbar, und beweisen können wir sie nicht. Müssen wir auch nicht. Es geht in dieser Erzählung darum, wie die Israeliten Gott erlebt haben: Gott geht mit und rettet sein Volk. Wenn es sein muss, auf ungewöhnlichen Wegen.

Jeder Mensch erfährt Gottes Begleitung auf ganz eigene Weise. Wie die Israeliten singen: Mein Gott ist meine Stärke, mein Lobgesang, mein Heil. Zu mancher Zeit erfahre ich Gott als fernen Gott, zu anderer Zeit als nahen Begleiter. Dann wird mir bewusst: Gott geht mit mir „durch dick und dünn“. Manchmal hoffe ich so sehr auf eine wundersame Lösung und bete sogar dafür, aber das Wunder bleibt aus. Wunder gibt es nicht auf Bestellung.

Wunder stehen in Gottes Macht. Aber mit Gott reden können wir immer. Wir können Gottsagen, was wirklich in uns vorgeht: Auch Wut, Ärger und Enttäuschung gehören dazu.

Für die EM 2016 durften die Fans mitdichten. Wird Deutschland zum Europameister, dann wird der Song für viele ein Jubellied sein. Bleibt das „Wunder“ aus, wird er wohl eher zum Klagelied. Für Gott dürfen wir unser ganzes eigenes Lied komponieren. Strophen mit Freude und Dankbarkeit oder Ärger und Kummer. Das haben uns schon die Alten Israeliten vorgemacht.

Haben Sie Lust, Ihr (Lebens-)Lied für Gott zu dichten? Wie klingt wohl Ihre Strophe für Gott?

Alice Lorber